Klimawandelangst
Der Klimawandel macht Menschen krank. Betroffen ist aber nicht nur der Körper, sondern auch die Seele.
Die einen sehen den baldigen Weltuntergang kommen, die anderen gucken in die Luft und finden "das Wetter" sei doch wunderbar. Ob wir den Klimawandel als lebensbedrohliche Gefahr wahrnehmen oder wissenschaftliche Erkenntnisse geflissentlich ignorieren, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Klimawandelangst ist aber tatsächlich vor allem unter jungen Menschen weit verbreitet und belastet die Betroffenen stark, wie eine aktuelle Studie der HAW Hamburg zeigt.
„Es ist bundesweit die erste Studie dieser Art“, so Prof. Dr. Walter Leal, Leiter des Forschungs- und Transferzentrums Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement (FTZ-NK) der HAW Hamburg, der die Studie verantwortet. Ziel war es, das Ausmaß der psychischen Belastung von Studierenden im Zusammenhang mit dem Klimawandel sowie deren Unterstützungsbedarf zu erfassen.
An der Online-Befragung vom 12. November 2024 bis 28. Februar 2025 nahmen rund 4.500 Studierende von etwa 200 Hochschulen in ganz Deutschland teil. Knapp über die Hälfte waren 21 bis 25 Jahre alt. Bei der Mehrzahl handelte es sich um weibliche Personen (60,7 Prozent), männliche Personen machten rund 35 Prozent aus. Die übrigen ordneten sich in den Kategorien „divers“ (2,6 Prozent) oder „andere“ (0,4 Prozent) ein. 1,7 Prozent machten keine Angabe zum Geschlecht.
54,4 Prozent der Befragten schätzten ihre psychische Gesundheit als „gut“ oder „sehr gut“ ein, 45,4 Prozent als mäßig bis sehr schlecht.
Gut die Hälfte der Teilnehmenden litt unter Klimawandelangst und wiesen auf einer speziellen Skala (CCA-Skala = Climate Change Anxiety Scale) einen hohen Wert auf. Frauen (57,6 Prozent) und diverse Personen (80,5 Prozent) waren überdurchschnittlich davon betroffen. Bei 42,2 Prozent aller Teilnehmenden war die Angst „stark bis extrem stark“. Mehr als die Hälfte der Studierenden gab an, Hitzeperioden als psychisch belastend zu empfinden.
Viele Informationen, viele Sorgen
Einige Faktoren erhöhten dabei die Klimawandelangst deutlich. Größer waren die Sorgen bei jenen, die unter einer psychischen Erkrankung litten. Von stärkeren Belastungen berichteten zudem eher Personen, die davon überzeugt waren, dass der Klimawandel real und menschengemacht ist, deren Verhalten massiver vom Klimaschutz-Motiv geprägt ist oder die ein Extremwetterereignis selbst erlebt hatten.
„Und es gab noch weitere Einflussfaktoren“, sagt Studienautorin Stolz: Je häufiger die Befragten Informationen zum Klimawandel konsumierten, umso höher war ihre psychische Belastung. „Dieser Zusammenhang kann aber auch so interpretiert werden: Je besorgter die Studierenden waren, umso häufiger konsumierten sie solche Themen.“ Das Gleiche gilt für die Informationswege: Je mehr genutzt wurden, desto besorgter waren die Befragten. Und umgekehrt: Je größer die Klimawandelangst, umso mehr Informationswege wurden zurate gezogen.
„Die Umfrage zeigt: Die Angst vor dem Klimawandel unter Studierenden ist real, ihr Ausmaß ist abhängig von individuellen Faktoren“, fasst Gesundheitswissenschaftlerin Stolz zusammen. Die Befragung war allerdings nicht repräsentativ, also bildet nicht den Bevölkerungsdurchschnitt ab. Darum ist sie nur begrenzt aussagekräftig. An der Befragung haben mehr Frauen teilgenommen als Männer, was das Gesamtbild etwas verzerrt, denn die befragten Teilnehmerinnen wiesen in der Befragung sowohl höhere psychische Belastungen als auch eine höhere Klimawandelangst auf als die männlichen Befragten. Außerdem war die Teilnahme an der Onlinebefragung freiwillig, hat also möglicherweise mehr Menschen erreicht, die sich sowieso schon mit dem Thema beschäftigt haben.
Auf Basis der Umfragedaten entwickeln Krankenkasse und Hochschule neue Präventionsprogramme für die Verbesserung der psychischen Gesundheit, um Studierende zu unterstützen. „Denn der Klimawandel braucht handlungsfähige Menschen“, sagt Andrea Galle, Vorständin der mkk – meine krankenkasse. „Angesichts der gesundheitlichen Folgen des Klimawandels benötigen auch Studierende eine widerstandsfähige Psyche, damit sie die Herausforderungen des Alltags auf lange Sicht meistern können.“
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 24. Juni 2025