KI taugt nicht als Glaubensvermittler?

Studie: Roboterprediger:innen wirken auf Zuhörer:innen weniger überzeugend. Noch.

Es vergeht kein Tag, an dem uns nicht Schlagzeilen vor Augen führen, dass wir Menschen unsere besten Tage offenbar hinter uns haben. Künstliche Intelligenz besiegt uns nicht nur im Schach, kann nicht nur besser rechnen und operieren, besser konstruieren, organisieren, analysieren, besser schreiben, auswerten und planen. Neuerdings ist sie auch kreativer als wir – die letzte Bastion menschlichen Überlegenheitsgefühls. Sie lernt das Malen, Dichten und Komponieren, entwickelt schneller neuartige, bessere und mehr Lösungen für Probleme. Sie schreibt Skripte für Theater und Film, entwickelt Serienplots und erschafft Kunstwerke. Einige Medien lassen bereits eine Vielzahl ihrer Beiträge von KI erstellen, Übersetzer:innen werden langsam aber sicher überflüssig, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann KI-generierte Werke die Bestsellerlisten und Hitparaden stürmen.

Aber, halt! Ein letztes Feld bleibt uns möglicherweise. Die Religion! Wenn man nämlich einer neuen Studie Glauben schenken darf, sind Roboterprediger:innen und KI-Programme – zumindest bis jetzt – weniger vertrauenerweckend als menschliche Prediger:innen. Im Gegenteil könnten sie sogar für weniger Spenden für religiöse Einrichtungen sorgen.

Wie reagieren Menschen auf Roboterprediger?

Forscher Joshua Conrad Jackson von der University of Chicago hatte in einer Studie untersucht, wie Besucher:innen von Predigten auf die künstlichen Glaubensvertreter:innen reagieren.
Jackson und seine Kollegen führten ein Experiment mit dem humanoiden Roboter Mindar im buddhistischen Tempel Kodai-Ji in Kyoto, Japan, durch. Der Roboter hat ein menschenähnliches Silikongesicht mit beweglichen Lippen und blinkenden Augen auf einem Metallkörper. Er hält 25-minütige Herz-Sutra-Predigten über buddhistische Prinzipien mit Surround-Sound und Multimedia-Projektionen.
Die Forscher befragten 398 Teilnehmende, die den Tempel verließen, nachdem sie eine Predigt gehört hatten, die entweder von Mindar oder einem menschlichen buddhistischen Priester gehalten wurde. Die Teilnehmenden hielten Mindar für weniger glaubwürdig und spendeten weniger als diejenigen, die eine Predigt des menschlichen Priesters hörten.

Mensch gewinnt das Rennen um Glaubwürdigkeit knapp

In einem anderen Experiment in einem taoistischen Tempel in Singapur hörte die Hälfte der 239 Teilnehmenden die Predigt eines menschlichen Priesters, während die andere Hälfte die gleiche Predigt von einem humanoiden Roboter namens Pepper hörte. Dieses Experiment führte zu ähnlichen Ergebnissen: Der Roboter wurde als weniger glaubwürdig angesehen und rief weniger Spenden hervor. Die Teilnehmenden, die die Predigt des Roboters hörten, gaben auch an, dass sie weniger bereit waren, die Botschaft weiterzugeben oder Flugblätter zur Unterstützung des Tempels zu verteilen.

Obwohl die Teilnehmenden sagten, dass sie menschliche Prediger für glaubwürdiger hielten, war es dennoch ein enger Wettbewerb mit den Robotern. Auf einer Skala von 1 bis 5, wobei 5 am glaubwürdigsten ist, erhielten die Roboterprediger eine durchschnittliche Glaubwürdigkeitsbewertung von 3,12 gegenüber 3,51 für menschliche Prediger.

"Dies deutet darauf hin, dass es viele Menschen gibt, die glauben, dass Roboter effektive Prediger sein könnten, aber es gibt noch mehr Menschen, die davon nicht überzeugt sind", so Jackson.

Während sich die Studien über Roboterprediger auf östliche Religionen konzentrierten, glaubt Jackson, dass die Ergebnisse auch für andere Religionen gelten könnten.

Ein drittes Experiment umfasste 274 christliche Teilnehmer aus den Vereinigten Staaten, die online eine Predigt lasen. Der Hälfte der Teilnehmenden wurde gesagt, dass die Predigt von einem menschlichen Prediger verfasst worden war, während die andere Hälfte erfuhr, dass die Predigt von einem hochentwickelten KI-Programm erstellt worden war. Die Teilnehmer der Gruppe mit der KI-Predigt gaben an, dass die Predigt weniger glaubwürdig war, weil sie den Eindruck hatten, dass ein KI-Programm weniger in der Lage ist, wie ein Mensch zu denken oder zu fühlen.

Forscher Jackson ist überzeugt: "Roboter und KI-Programme können keine wirklichen religiösen Überzeugungen vertreten, so dass religiöse Organisationen ein nachlassendes Engagement ihrer Gemeinden feststellen könnten, wenn sie sich mehr auf Technologie als auf menschliche Führer verlassen, die ihren Glauben demonstrieren können.“

Ist Prediger:in also künftig der einzige Job, in dem Menschen noch punkten können? Das bleibt abzuwarten. Es wären auf jeden Fall traurige Aussichten für alle, die vom Glauben schon lange abgefallen sind.

Die Studie wurde im Journal of Experimental Psychology veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 7. August 2023