Hundert Herzen

Autor: William Kowalski
Übersetzt von Jürgen Bürger

Buchcover

*Inhalt*
Fünf Jahre ist es nun schon her, dass der inzwischen fünfundzwanzigjährige Jeremy Merkin aus seinem Kriegseinsatz in Afghanistan zurück in die USA gekommen ist. Doch an die letzten Tage seines Einsatzes erinnert er sich nicht mehr – eine Explosion überlebte er im Gegensatz zu seinen Freunden nur knapp, doch sie veränderte sein Leben.

Zurück in Elysium, Kalifornien, ist alles so wie früher, und doch ganz anders. Jeremy lebt im Keller seines Großvaters Al, der ebenfalls Kriegsveteran ist. Dessen Frau Helen ist vor kurzem verstorben und seither hat sich einiges verändert: Jeremys Mutter Rita verbringt immer mehr Zeit mit ihrem neuen Freund Sam, ihre Schwester und Jeremys Tante Jeanie Rae verschwindet wieder einmal, ohne jemandem Bescheid zu sagen und lässt ihren achtzehnjährigen, geistig zurückgebliebenen Sohn Henry zurück.

Jeremys neue Karriere als High School Lehrer wird durch eine falsche Beschuldigung beendet, ehe sie richtig begonnen hat, und er verbindet seine Flucht vor den Cops mit der Suche nach seinem Cousin Henry, der sich alleine aufgemacht hat, seine Mutter Jeanie in New York ausfindig zu machen. Und ob er es will oder nicht, holt Jeremys Vergangenheit ihn immer mehr ein, bis er schließlich so weit ist, und sich an den alles verändernden Tag erinnert ...

*Meine Meinung*
Anfangs wusste ich nicht so recht, was ich von dem Buch halten soll. Es hat ungefähr hundert Seiten gebraucht, bis mir klar wurde, dass sich der Autor nicht für eine ziemlich lange Einleitung entschieden hat, sondern dass der Roman nicht wirklich einen auf den ersten Blick erkennbaren roten Faden zu haben scheint.

Man liest einige Kapitel aus Jeremys Sicht, der mit Panikattacken zu kämpfen hat, die ihn seit seinem Kriegseinsatz heimsuchen. Dann kommt plötzlich ein Kapitel, in dem man über Als Pläne, Selbstmord zu begehen, liest und einem gleichzeitig seine Lebenseinstellung nähergebracht wird. Diese entscheidet sich ja doch ziemlich von unserem europäischen Denken aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert, denn Al ist ein eingesessener, patriotischer, konservativer US-Amerikaner.

Und immer wieder erfährt man Dinge aus Jeremys Zeit in Afghanistan. Diese Sequenzen sind jedoch nicht aufdringlich, sondern der Autor hat sie sehr gekonnt in den präsenten Handlungsstrang eingeflochten. 

Jeremys Entwicklung ist es im Großen und Ganzen, die den Roman vorantreibt. Seine Bekanntschaft mit verschiedenen Menschen beleuchten die verschiedenen Blickwinkel, die diese Leute auf den Krieg haben. Der Autor bleibt dabei sehr nüchtern und objektiv, er lässt die Charaktere für sich sprechen – und verwendet dabei auch eine charaktertypisch authentische Sprache.

Dieses Buch ist definitiv eines, über das man noch länger nachdenkt. Es kritisiert, es eröffnet neue Perspektiven, es ist ein Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte. Aber wenn man diese hat, kann ich es wirklich weiterempfehlen – allerdings nur denjenigen, die mit der harten Realität umgehen können, denn es wird in dem Roman nichts schöner gemacht, als es in Wirklichkeit ist.

*Erschienen bei Bastei Lübbe Verlag*

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Autorin / Autor: sunnygirl007 - Stand: 11. Mai 2016