Globale Farbgefühle

Farb-Emotionen sind sich überall auf der Welt ähnlich - mit einigen Ausnahmen

Rot sehen, Grün vor Neid werden, ein blaues Wunder erleben, durch die rosa Brille sehen - Farben stehen in einem engen Zusammenhang mit Gefühlen, dass verraten uns im Deutschen zahlreiche sprachliche Ausdrücke. Tatsächlich verbinden aber Menschen weltweit Farben mit Gefühlen, und überraschenderweise sind diese Farb-Emotionen sich auf der ganzen Welt sehr ähnlich.

Das hat ein internationales Forschungsteam mit einer detaillierten Befragung von 4.598 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 30 Nationen auf sechs Kontinenten herausgefunden. "Eine ähnliche Studie gab es in diesem Umfang bisher nicht", sagt Privatdozent Dr. Daniel Oberfeld-Twistel, der vonseiten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) beteiligt war.

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Psychological Science berichten, hatten sie die Proband_innen online einen Fragebogen ausfüllen lassen, auf dem zwölf Farbwörtern jeweils bis zu 20 Gefühle in unterschiedlicher Intensität zugeordnet werden sollten. Anschließend bildeten die Forscher die nationalen Mittelwerte der Angaben und verglichen diese mit dem weltweiten Durchschnitt.

*Rot steht für Liebe und für Ärger*
"Dadurch zeigt sich eine große globale Übereinstimmung", sagt Oberfeld-Twistel. "Zum Beispiel ist Rot weltweit die einzige Farbe, die sowohl stark mit einem positiven Gefühl – Liebe – als auch stark mit einem negativen Gefühl – Ärger – assoziiert wird." Braun hingegen lässt die meisten Menschen kalt und löst weltweit am wenigsten Emotionen aus. Allerdings stellen die Wissenschaftler auch nationale Besonderheiten fest: Etwa wird Weiß in China wesentlich stärker mit Trauer verbunden als in anderen Ländern, Ähnliches gilt für Lila in Griechenland. "Möglicherweise liegt das daran, dass in China bei Beerdigungen weiße Kleidung getragen und Lila in der griechisch-orthodoxen Kirche zur Verdeutlichung von Trauer verwendet wird", erläutert Oberfeld-Twistel. Neben solchen kulturellen Besonderheiten spielt wahrscheinlich auch das Klima eine Rolle: So wird nach einer weiteren Studie des Teams Gelb in Ländern mit wenig Sonnenschein stärker mit Freude verbunden als in Ländern mit viel Sonnenschein.

*Eine Vielzahl von Einflüssen*
Welches genau die Ursachen für die globalen Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind, ist laut Oberfeld-Twistel schwer zu sagen: "Es gibt eine ganze Masse an möglichen Einflussfaktoren: Sprache, Kultur, Religion, Klima, die Entwicklungsgeschichte der Menschheit, das menschliche Wahrnehmungssystem." Viele grundlegende Fragen zu den Mechanismen von Farb-Emotions-Assoziationen seien noch zu klären. Die Wissenschaftler_innen wollen der Sache aber weiter auf den Grund gehen. Dabei helfen soll auch das maschinelle Lernen, also eines mit wachsender Datenbasis sich selbst verbessernden Computerprogramms. Mit dessen Hilfe konnte schon gezeigt werden, dass die Unterschiede zwischen einzelnen Nationen umso größer sind, je weiter diese geografisch voneinander entfernt liegen und/oder je stärker sich die in ihnen gesprochenen Sprachen voneinander unterscheiden.

Quelle:

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 17. September 2020