Dieses Buch ist ein Feuerwerk! Man kennt Feuerwerk und dennoch schaut man immer gerne zu und immer sieht man etwas, was man so noch nie gesehen hat; und auch wenn man zum Ende hin meistens friert, denkt man, “bitte nochmal!” Und so ist es auch mit diesem grandiosen Buch.

Es geht um Musik, konkret um Musikgeschichte der letzten gut 100 Jahre. Erzählt wird sie anhand von Biographien von Musikerinnen. Klingt nach Lexikon und langweilig? Weit gefehlt. Virginia Despentes hat das Buch so geschrieben, dass man denkt, sie erzählt es einem. Der Text ist toll von Lisa Heilig übersetzt und genial von La Rata illustriert. Wobei illustriert zu kurz greift, Text und Bild bilden auf jeder Seite eine Einheit, keine Seite gleicht der anderen, mal unterstützt das Graphische den Textinhalt, mal ergänzt es ihn, mal in grell bunt, mal zweifarbig, auf jeder Seite eine eigene Welt.

Die Seiten sind voll und bunt. Es ist keine Graphic-Novelle, sondern ein reichlich, üppig illustriertes Sachbuch. Manche Seiten erinnern an Wimmelbilder, wo es immer was Neues zu entdecken gibt. Darauf muss man sich einlassen, um nicht erschlagen zu werden.

Erzählt wird chronologisch, fokussiert wird auf Frauen in der Musikindustrie: Wer sind sie, und wie sind sie dahin gekommen, wer hat sie gefördert, wer hat sie ausgenutzt, und wer hat sie sabotiert?

Das heißt es geht sehr viel um Sozialgeschichte, Verhältnis von Mann und Frau, und da vieles in den USA spielt, auch um Rassismus.

Die Autorin schreibt auf den ersten Seiten, dass sie es zum Beispiel nicht verstehen konnte, dass unter “500 Interpreten von Songs, die Musikgeschichte geschrieben haben, angeblich nur 10 Frauen waren, davon 7 weiße.” Dieses Missverhältnis ist sozusagen der rote Faden des Buches. Es wird leidenschaftlich erzählt, faktenreich und auch humorvoll. Madonna, Tina Turner, Britney Spears, Big Mama, Beyonce, Nicki Minaj und viele weitere kommen vor, so dass das Buch für jede Generation ihr Bekanntes und auch Neues bietet.

Das Buch hat keine Kapitel, man kann theoretisch auf jeder Seite einsteigen. Und wenn man am Ende des Buches angekommen ist, will man wieder von vorne anfangen, da es immer noch Neues auf den Seiten zu entdecken gibt.
Um das Buch vollauf verstehen und auch genießen zu können, empfehle ich zusätzlich, sich die besprochene Musik anzuhören. Es gibt zum Beispiel auf Spotify eine Playlist dazu.

Kurz: Das Buch ist ein Must Have für jeden, der sich für Musik interessiert, für Frauengeschichte, für Empowerment, für Illustration und für außergewöhnliche Bücher. Irgendwie wie Feuerwerk, ein Kunstwerk.

Erschienen beim Laurence King Verlag