Gemischte Gefühle sind die besten

Max-Planck-Institut fand heraus, warum uns traurige Bilder in der Kunst gefallen

Warum gehen wir in einen Kinofilm, von dem wir vorher schon wissen, dass er uns zum Weinen bringen wird?  Was zieht uns daran an, wenn ein Kunstwerk, Theaterstück oder ein Song uns traurig macht, Angst einjagt, oder andere negative Gefühle hervorruft? Forscher_innen des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik haben jetzt ein psychologisches Erklärungsmodell für ein Phänomen entwickelt, das eigentlich paradox ist.

*Negative Gefühle sind besonders intensiv*
Es gibt bereits Studien aus der Emotionspsychologie, die belegen, dass negative Gefühle unsere Aufmerksamheit besonders in Anspruch nehmen. Wir erleben sie besonders intensiv und erinnern sie auch sehr gut. Genau das möchten die Künste auch erreichen. Das brachte Forscher_innen um Winfried Menninghaus, den Direktor der Abteilung Sprache und Literatur am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, auf die Idee zu untersuchen, ob und wenn ja wie Künste und negative Gefühle zusammenhängen.

Ihr psychologisches Modell erklärt, warum Kunstwerke, die negative Gefühle hervorrufen, oft als intensiver, interessanter, emotional bewegender und weniger langweilig, ja sogar als schöner wahrgenommen werden als Kunstwerke, die nur positive Emotionen verursachen.

*Kunst ist etwas anderes als Alltag*
Ein Grund dafür liegt darin, dass wir das Betrachten von Kunstwerken in eine andere Erlebnis-Kategorie einordnen als das Erleben von Alltag. Durch diese kognitive Distanzierung entsteht eine Art Sicherheitspuffer, in dem es ungefährlich ist, negative Emotionen zu haben.

Die Forscher_innen fanden aber zusätzlich heraus, dass es offenbar mehrere Mechanismen gibt, die negative Emotionen sogar zur Kraftquelle für ein intensives Kunsterleben werden lassen: Ästhetisches Erleben braucht Abwechslung und Dynamik. Kunst, die in uns sowohl positive als auch negative Gefühle auslöst, nehmen wir als abwechslungsreicher, spannender und interessanter wahr. Außerdem haben gemischte Gefühle, die positive und negative Anteile enthalten, das Potenzial, negative Gefühle in die positive Betrachtungslust zu integrieren. "So empfinden wir etwa tiefes emotionales Bewegtsein auch dann als positiv und lustvoll, wenn es traurige Gefühle enthält. Ebenso sind positiv erregende Gefühle von narrativer Spannung nicht ohne Gefühle von 'Unsicherheit', Sorge und Angst um Protagonisten zu haben", so die Forscher_innen.

*Auch in negativen Gefühlen steckt etwas Gutes*
Dazu kommt, dass die Ästhetik selbst, also die Schönheit der Musik, der Worte, der Farben aus negativen Emotionen etwas Intensives und auch Positives macht. Und weil wir bei der Betrachtung von Kunst nach der Bedeutung suchen, sind wir in der Lage, auch in negativen Gefühlen etwas Positives zu entdecken.

"Das scheinbare Paradox, warum negative Emotionen zur Lust an Kunstwerken gehören, wird also erklärt, indem neue Erkenntnisse der Emotionspsychologie mit grundlegenden Prinzipien ästhetischer Wahrnehmung zusammen gedacht werden. Die Ergebnisse zeigen nicht nur, warum bestimmte Kunstgattungen wie Tragödien, Horrorfilme oder Melodramen gefallen. Sie identifizieren vielmehr grundlegende psychologische Mechanismen, die der Wahrnehmung von Kunstwerken oder Medienprodukten überhaupt zugrundeliegen", so das Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik.

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Autorin / Autor: Redation/ Pressemitteilung - Stand: 11. Dezember 2017