Gefährliche Antibiotika

Forscher warnen: Der unkontrollierte Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung könnte einen negativen Effekt auf die Gesundheit aller Menschen haben.

Antibiotika sind eine gute Sache. Sie können Bakterien schädigen bzw. abtöten, deshalb finden sie bei der Behandlung von Krankheiten bei Mensch und Tier Verwendung. Allerdings ist in der industriellen Tierhaltung auch ein Einsatz „auf Verdacht“ üblich: Oft leben hunderte Tiere auf engem Raum zusammen; da kann es sein, dass nur ein kleiner Teil Symptome einer Krankheit zeigt, aber auch andere den Erreger in sich tragen. Um zu verhindern, dass sich die Krankheitserreger verbreiten und möglicherweise viele Tiere sterben, gibt man eben allen ein Antibiotikum. Meistens wird es dem Futter oder Trinkwasser zugesetzt – eine einfache und bequeme Methode. Allerdings hat sie einen großen Haken: Die Erreger können leicht Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln.

Eine internationale Wissenschaftlergruppe hat nun in China Dungproben von mehreren großen Schweinefarmen auf Bakterien mit antibiotikaresistenten Genen (ARGs) untersucht. Dabei fanden sie stolze 149 bis dahin unbekannte ARGs. Da China das Land mit dem höchsten Antibiotikaverbrauch ist und der Einsatz in der Tierhaltung auch kaum reglementiert wird, ist dieses Ergebnis sicherlich nicht repräsentativ für die ganze Welt. Aber es macht deutlich, dass der vielerorts lasche Umgang mit Antibiotika, gerade in der Massentierhaltung, große Gefahren birgt. Denn in vielen Ländern, nicht nur China, wird der Dung auf Felder gebracht und kann so ins Grundwasser gelangen. Durch das Wasser – und dann von Mensch zu Mensch, beginnend mit den Farmarbeitern – können sich Bakterien mit ARGs immer weiter verbreiten. „Diese Gene bleiben nicht in einer Region“, meint Professor James Tiedje (Michigan State University).

*Der Weg vom Tier zum Menschen*
In der industriellen Massentierhaltung wird mit Antibiotika recht großzügig umgegangen. Bei Gabe über das Futter oder Trinkwasser gibt es allerdings keine Möglichkeit, genau zu kontrollieren, welches Tier welche Menge über welchen Zeitraum aufnimmt. Das erhöht natürlich die Gefahr von Resistenzen. An sich wäre das für uns Menschen kein großes Problem, denn es werden normalerweise Erreger behandelt, die nur Tiere befallen können. Aber: Viele Bakterien können Teile ihrer DNS auf andere übertragen, unter Umständen auch mit den Genen, die für eine Antibiotikaresistenz verantwortlich sind. Gelangen also Bakterien aus Tierhaltungsbetrieben in die Umwelt, ist es prinzipiell möglich, dass sie ihre erworbenen Resistenzen an andere „weitergeben“, die vielleicht auch Menschen befallen können. Es können so genannte multiresistente Keime entstehen, die besonders gefährlich sind, weil sie unter Umständen auf keines der gängigen Antibiotika mehr ansprechen.
„Multiresistenz ist ein globales Problem, mit dem wir uns umfassend beschäftigen müssen; und ein Punkt, mit dem wir uns befassen müssen, ist ein vernünftigerer Umgang mit Abfällen, die ARGs enthalten“, sagt Yong-Guan Zhu von der Chinese Academy of Science.

*Hintergrund: Wie entstehen Resistenzen?*
Leider geht die Gleichung „Antibiotikum tötet Bakterien“ nicht immer glatt auf. Die Natur ist ja nicht blöd. ;-) Bakterien, bzw. genauer gesagt ihre Gene, können (wie die Gene aller Lebewesen) spontan mutieren. Immer wieder tauchen neue Formen auf, die minimal anders sind als die anderen. Und manche dieser Mutationen bringen dem betreffenden Organismus zufällig Vorteile im Überlebenskampf – das Prinzip der Evolution. Im Fall von Krankheitserregern wird es problematisch, wenn einige so mutieren, dass sie einem Antibiotikum weniger „Angriffsfläche“ bieten als normal (z.B. weil ihre Zellwand anders aussieht). Man spricht dann von einer höheren Resistenz gegen den Wirkstoff. Unter Umständen überleben diese Erreger eine Behandlung und vermehren sich; die nachfolgende Generation ist also generell resistenter. Wiederum haben die Exemplare mit der höchsten Resistenz die besten Überlebenschancen, kommen vielleicht lange genug durch, um sich zu vermehren… und immer so weiter. Nach einigen Generationen hat man eine Population, die mit dem Antibiotikum kaum noch bekämpft werden kann.
Besonders gefährlich ist es, wenn eine Infektion nicht ausdauernd und intensiv genug behandelt wird. Denn je kürzer man ein Antibiotikum einsetzt, desto mehr Bakterien können überleben und sich ggf. vermehren.
Übrigens: Das  gilt natürlich nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen. Deshalb ist es so wichtig, Antibiotika gewissenhaft und lange genug einzunehmen. 

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 14. Februar 2013