Game of Noctis - Spiel um dein Leben

Autorin: Deva Fagan
Übersetzerin: Katja Hildebrandt

Mit dem Stichwort „Spiel“ kann man mich immer gut einfangen, gibt es doch nur wenige Romane und Bücher, die Spiele zum Zentrum der Handlung machen.
Schöner ist es aber, wenn man freiwillig und zum Spaß spielen kann. In Dantessa, der Stadt am Wasser, in der Protagonistin Pia Paro lebt, hat das Spiel das Sagen: Hier spielen die Bewohner*innen um ihre Ränge und der Einsatz ist meistens Geld (Segna).

In der venezianisch anmutenden Stadt macht also Spielen an und für sich nicht unbedingt Spaß, spätestens als Pias Großvater aufgrund von Fehlsichtigkeit seine Chance aufs Spielen und damit auch seinen Rang verliert, ja noch schlimmer: er hat gar keinen Rang mehr und wird auf die Gesindeinseln verbannt.

Pias großes Ziel ist ab da, ihren Großvater, ihr einziges Familienmitglied, freizukaufen. Sie schließt sich einer zunächst zwielichtig anmutenden Spielenden-Gruppe an, die für nichts Geringeres als das große Game of Noctis trainiert. Dieses Spiel kann über Leben und Tod entscheiden und bringt vor allem jedoch auch eine Menge Segna und hohe Spielränge bei Gewinn. Sie wird Bogenschützin in ihrem Team der Seefüchse und trainiert alle möglichen Spiele: von Schattenfänger bis Tiefangeln.

Sie bringt ihre ersten Tuniere hinter sich und trifft auf einen alten Bekannten, der früher ihr bester Freund war und nun im gegnerischen Team mitspielt. Doch nicht nur das, er ist auch der Sohn des mächtigen Ratsvorstands, derjenige, der ihren Großvater in die Verbannung schickte. Pia muss sich selbst klar werden, ob sie ihrem ehemals besten Freund weiter vertraut, als er ihr in einer misslichen Lage hilft.

Nach und nach lernen die Seefüchse jedoch vor allem, sich als Team zu sehen und Pia deckt bei einer zufälligen Begegnung mit einer wichtigen Spielfigur auf, dass ihrer aller Schicksal gar nicht darin besteht, auf ewig verdammt zum Spielen zu sein. Und dass all die kreativen Spiel-Arenen nicht das Spiel selbst erschafft, sondern wie das „Buch der Spiele“ auch jemand hinter der Gestaltung dieser Spielräume steckt.
Langsam wird ihr außerdem auch klar, dass nicht alle mit fairen Regeln spielen, und die Seefüchse müssen sich entscheiden, ob sie ebenfalls unfair spielen oder den wahren Ursprung des Spieles herausfinden können.

Meine Meinung zum Buch

„Game of Noctis“ ist stellenweise eine gesellschaftskritische Metapher für das Leben an sich, aber auch für die ungleichen Chancen in einer Welt, in der es heißt, dass jede*r alles erreichen kann, wenn man sich nur anstrengt. Es zeigt sehr schön, dass auch Umstände, gesellschaftliche Stellung aber auch eigene Fähigkeiten und Möglichkeiten dazu beitragen, ob man überhaupt etwas erreichen kann.
Dass hier Menschen, die nicht mehr in der Lage sind „mitzuspielen“ ausgesondert werden, ist eine Kritik in Richtung mangelnde Chancengleichheit und Respekt für alle Menschen, auch wenn diese in einer bestimmten Sichtweise „keinen Wert“ haben.

Das Buch begeistert mich aber vor allem auch deswegen, weil es zeigt, wie unterhaltsam es sein kann, wenn die Fantasie einfach mal ungezähmt auf Reisen geht. Wenn magische Elemente wie bspw. goldene Schrift in der Luft oder auch magische Arenen, die aus übergroßen Seepferdchen in Wasser- oder zu anderem Zeitpunkt aus nougatbestrichenen Süßigkeitenwelten bestehen, in der Handlung ganz einfach mit eingeflochten werden.

Kritikpunkte am Buch habe ich jedoch auch: es wird nie genauer auf die Anzahl der Plätze in den Rängen eingegangen, die Ränge der Spielenden gehen von 1-100, es gibt jedoch mehr als 100 Spielende in Dantessa. Gibt es dann mehrmals die gleichen Plätze? Außerdem wird das Buch gegen Ende etwas schnell und mit zuviel des moralisch Guten abgehandelt, das wirkt etwas eilig und aufgesetzt.

Auch funktioniert der QR-Code auf dem Buch leider nicht, wo man mehr zum Buch (zum Game of Noctis) erfahren kann. Alles in allem enthält das Buch eine sehr fantasievolle, schöne Story mit gut ausgearbeiteten und interessanten Charakteren, bei denen sich manche als anders entpuppen als zuerst angenommen. Die Meta-Ebene verwebt sich hier gelungen mit actionreichen Szenen und fantasievollen Ideen. 

Erschienen bei Carlsen

Autorin / Autor: Verena - Stand: 27. Mai 2025