"Gezielte Ausforschung von Menschen"

BigBrotherAward für Facebook, Apple und Co.

Preisskulptur BigBrotherAward, Foto: Thorsten Möller

Skandalöser Umgang mit Verbraucherdaten? Reibach mit unlauter gesammelten Adressen? Zweifelhafte Datenschutzbestimmungen? Solche Praktiken ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu rücken, ist Ziel der BigBrotherAwards, die seit dem Jahr 2000 in Deutschland und 19 weiteren Ländern an Institutionen und Unternehmen verliehen werden, die es mit persönlichen Daten von BürgerInnen allzu wild treiben.

Am Freitag wurden die "Oscars für Datenkraken" in der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld zum 11. Mal verliehen. Die diesjährige Jury kürte acht Preisträger, die ihre fragwürdigen Praktiken am Presse-Pranger nun hoffentlich überdenken.

*Facebook: Gezielte Ausforschung hinter netter Fassade*
Der Preisträger in der Kategorie Kommunikation ist - wie könnte es anders sein - Facebook. Die "Gezielte Ausforschung von Menschen und ihrer persönlichen Beziehungen hinter der netten Fassade eines vorgeblichen Gratisangebots" erschien nicht nur der Jury preiswürdig, auch das Publikum votete mit großer Mehrheit für die Datenpetze, die mit "systematischen Datenschutzverstößen Milliarden" verdiene.

Auch Apple konnte in der Kategorie Kommunikation für "Geiselnahme ihrer Kunden mittels teurer Hardware und die darauf folgende Erpressung, den firmeneigenen zweifelhaften Datenschutzbedingungen zuzustimmen" einen der unbegehrten Trophäen ergattern.

In der Kategorie Arbeitswelt sahnte die Daimler AG in Stuttgart für "modernen Vampirismus" ab. Sie fordert von ihren Mitarbeitern flächendeckend Bluttests.

In Sachen Verbraucherschutz fiel der Verlag Wissen und Innovation in Starnberg mit unschöner Adresssammelei negativ auf. Er verteilte Büchergutscheine in Schulen, die nur eingelöst werden konnten, wenn man Namen und Anschrift des Kindes und mindestens eines Elternteils zurück meldet.

In der Kategorie Technik schockte die Modemarke Peuterey, vertreten durch den deutschen Vertreiber, die Düsseldorfer Modeagentur Torsten Müller, mit in Kleidung integrierten RFID-Funkchips, die ausgelesen werden können, ohne dass der/die KundIn das merkt. Auch wenn dies in der Praxis (nocht nicht) umgesetzt wird, ist jeder Schritt des Trägers eines so ausgestatteten Kleidungsstücks theoretisch nachvollziehbar.

Weitere Preisträger waren der Deutsche Zoll, der Vorsitzender der Zensuskommission stellvertretend für die als „Zensus2011“ bezeichnete Vollerfassung der Bevölkerung Deutschlands sowie der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) für den ersten nachgewiesenen polizeilichen Einsatz einer Mini-Überwachungsdrohne bei politischen Versammlungen.

Initiator der deutschen BigBrotherAwards ist der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD e.V). Er deckt regelmäßig Schlampereien beim Datenschutz auf und klopft Firmen und Behörden auf die Finger, wenn persönliche Daten dort landen, wo sie nicht hingehören. Die BigBrotherAwards sollen die öffentliche Diskussion um Privatsphäre und Datenschutz fördern und den missbräuchlichen Umgang mit Technik und Informationen zeigen. Der Name der zweifelhaften Auszeichnung entstand in Anlehnung an George Orwells Zukunftsszenario "1984", in der er schon Ende der vierziger Jahre seine Vision eines totalitären Überwachungsstaates entwarf.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 4. April 2011