Die dunkle Seite von Party-Urlauben

Britische Studie untersuchte, wie Partytourismus sexuelle Übergriffe fördert

Ayia Napa, Magaluf, Ibiza und Mykonos sind beliebte Partyurlaubsziele, die besonders junge Menschen mit ihren Freunde:innen aufsuchen, um einen „Mädelsurlaub” oder einen „Junggesellenabschied” zu verbringen. Liebste Zutaten dieser Ausflüge: Clubbesuche, hoher Alkoholkonsum, Partys, Urlaubsflirts und One-Night-Stands.

Eine neue Studie der University of Birmingham und der University of Warwick hat jetzt die Kehrseite solcher Party-Urlaube untersucht und zeigt auf, wie sie das perfekte Umfeld für sexuelle Übergriffe schaffen.
Dr. Columba Achilleos-Sarll, Assistenzprofessorin für Politikwissenschaft und Internationale Studien, sagte: „Obwohl die bisherige Forschung zu sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt im Tourismus begrenzt ist, wissen wir, dass es sie gibt. Im Jahr 2018 meldeten 315 britische Tourist:innen, dass sie im Urlaub Opfer von Vergewaltigung und sexuellen Übergriffen geworden waren, und in einer Flughafenumfrage gaben 8,6  Prozent junge britische und deutsche Tourist:innen, die aus Urlaubsorten in Griechenland, Zypern, Italien, Portugal und Spanien zurückkehrten, an, dass sie sexuelle Belästigung erlebt hatten.

Geschäftsmodell Partytourismus

Laut Achilleos-Sarll liegt es besonders am Geschäftsmodell des Partytourismus, der Räume schafft, in denen extremes Verhalten gefördert wird. Dadurch entstehe ein Non-Stop-Party-Umfeld, in dem sexuelle Gewalt stattfinden könne. In diesem Umfeld werde zusätzlich exzessive Männlichkeit und "Jagdfieber" provoziert. Das öffentlich zu machen ist offenbar schwierig, denn die von dieser Art Tourismus abhängigen Orte schützten diese Blasen, um ihren Ruf zu wahren und ihre Einnahmen zu sichern.

Der Studie nach zu urteilen, erzeugt die Reise- und Freizeitbranche in Orten wie Ayia Napa absichtlich eine „Party-Tourismus-Blase”, in der extremes oder risikoreiches Verhalten normalisiert wird. Mit Begriffen wie „Partyparadies”, „wild”, „verrückt”, „knallig” und „Ayia Napa gibt nachts alles” werden solche Pauschalreisen beworben. Die Werbefotos zeigen lächelnde junge Frauen und Männer in Badekleidung, entweder in der Sonne oder in einem Nachtclub, mit einem Drink in der Hand. Diese Art von Marketing wecke die Erwartung, dass dort übermäßiger Alkoholkonsum und Regelverstöße völlig okay sind.

Das wiederum verstärke bestehende geschlechtsspezifische Hierarchien und schaffe ein Umfeld, in dem sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt toleriert wird. Party-Reiseziele seien auch häufig so gestaltet, dass sie hauptsächlich den Wünschen heterosexueller Männer entsprechen. Angeheizt durch übermäßigen Alkoholkonsum, die Kommerzialisierung von Körpern und die sexuelle Objektivierung von Frauen. Jungen Männern wird zum Beispiel das Angebot gemacht, sich für 40 Euro von „halbnackten Frauen, die für Nachtclubs arbeiten“ auf Kneipentouren begleiten zu lassen, und Club-Promoter ermutigen Männer dazu, Lapdance- und Stripclubs zu besuchen.

„Diese Verhaltensweisen sind weder zufällig noch isoliert, sondern eingebettet in die politische Ökonomie des Partytourismus. Nicht alle männlichen Touristen nehmen an solchen Verhaltensweisen teil, und nicht alle weiblichen Touristen werden Opfer sexueller Übergriffe, aber die Partytourismus-Blase ermutigt junge Männer tatsächlich zu ‚männertypischen‘ Verhaltensweisen, zu denen die sexuelle Objektivierung von Frauen und sexuelle Übergriffe gehören, sodass Frauen das damit verbundene Risiko selbst tragen müssen", so Dr. Achilleos-Sarll.

Das britische Außenministerium warnt Tourist:innen, die Zypern besuchen, inzwischen sogar vor dem Risiko von „drogenunterstützten Vergewaltigungen“, überträgt die Verantwortung für die eigene Sicherheit aber auf die Frauen und empfiehlt ihnen: „Kaufen Sie Ihre Getränke selbst und behalten Sie sie immer im Auge. Trennen Sie sich nicht von Ihren Freunden.

Der gute Ruf wird geschützt, die Opfer nicht

Was tun, wenn man solche Vorfälle öffentlich machen und sich dagegen wehren will? Laut den Studienautor:innen ist das nicht leicht, denn Party-Tourismusanbieter versuchen bei sexuellen Übergriffen die Opfer zum Schweigen zu bringen, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu schützen. Solche Urlaubsziele sind darauf angewiesen, einen positiven Ruf als sicherer und begehrter Ort zu bewahren. Berichte über sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt drohen dann natürlich, die „Blase“ aus Spaß, Sonne und Entspannung zum Platzen zu bringen und die Beliebtheit der Orte zu zerstören. In Ländern, die stark vom Tourismus abhängig sind, können die Behörden letztendlich den Schutz des guten Rufs über die Aufklärung von sexueller Gewalt stellen und damit das Schweigen verstärken.

Dr. Achilleos-Sarll schlussfolgert, dass dieses Geschäftsmodell des Partytourismus in Frage gestellt und nach Alternativen für einen nachhaltigen und gerechten Ansatz zur Tourismusentwicklung gesucht werden muss.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 7. August 2025