Du kommst hier nicht rein

Studie über Diskrimierung von KundInnen: Betroffen sind vor allem Menschen türkischer Herkunft

"Du kommst hier nicht rein!" oder "Das ist wohl nicht Ihre Preisklasse." Solche und ähnliche diskriminierende Sätze bekommt fast jede/r dritte KonsumentIn in Deutschland beim Shoppen oder beim Besuch eines Friseurs oder einer Disco zu hören. Unter KundInnen türkischer Herkunft machen sogar acht von zehn derart negative Erfahrungen. Zu diesen Ergebnissen kommen nun erstmals Wissenschaftler des Lehrstuhls für Value Based Management der Universität Augsburg mit Hilfe einer deutschlandweit repräsentativen Befragung. "Diskriminierung von Konsumenten ist in Deutschland ein weit verbreitetes Phänomen", so Prof. Dr. Michael Paul.

Paul und seine Mitarbeiterin Sarah Germer berücksichtigten in ihrer Studie eine Reihe verschiedener Merkmale, die Grundlage von Diskriminierung sein können: Alter, Behinderung, Geschlecht oder ethnische Herkunft, physisches Aussehen, ein ungepflegtes Äußeres, Religion, sexuelle Orientierung/Identität sowie den sozioökonomischen Status. Ihre Befragung ergab: insgesamt 30,1% aller KonsumentInnen in Deutschland werden im Laufe eines Jahres wegen eines oder mehrerer dieser Merkmale diskriminiert. "Unsere Ergebnisse belegen, dass Diskriminierung im Konsum kein Randphänomen in Deutschland ist, sondern dass viele Menschen davon betroffen sind", erklärt Paul.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind die am häufigsten auftretenden Diskriminierungsmerkmale das Geschlecht (11,5%), das Alter (11,0%) und der sozioökonomische Status (9,2%), wobei die durchschnittliche jährliche Diskriminierungshäufigkeit bei 1,5 Mal liegt. (Die Merkmale physisches Aussehen, sexuelle Orientierung/Identität sowie ungepflegtes Äußeres wurden dabei mangels gesicherter Informationen über die Grundgesamtheit nicht einzeln betrachtet.)

Für einzelne, besonders betroffene Gruppen zeigen sich dabei deutliche Unterschiede im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. So berichteten KonsumentInnen türkischer Herkunft deutlich öfter über Diskriminierungserfahrungen als andere ethnische Gruppen. 81 % von ihnen gaben an, durchschnittlich 5,7 Mal im Jahr wegen irgendeines Merkmals diskriminiert worden zu sein - davon über ein Drittel nur wegen ihrer Herkunft. Besonders häufig wurden übrigens türkische KonsumentInnen diskriminiert, die älter als 64 Jahre oder männlich waren oder Abitur hatten. Hier verhält es sich offenbar genau entgegengesetzt zur Datenlage in der Gesamtbevölkerung, wo eher Jüngere, eher weibliche und eher Menschen mit Haupt- bzw. Realschulabschluss von den Schikanen betroffen waren.

Aber auch Menschen anderer ethnischer Herkunft wurde das Shoppen nicht selten vermiest: Die Hälfte der Befragten hatte angegeben, schon einmal solche Erfahrungen gemacht zu haben, und zwar durchschnittlich 2,4 Mal im Jahr. Im Vergleich dazu: Von den Deutschen ohne Migrationshintergrund hatten dies 27,5% angegeben, das entspricht einer durchschnittlichen Rate von 1,3 Mal im Jahr.

Die Unfreundlichkeiten werden überwiegend von MitarbeiterInnen (64,0%) und weniger von den Unternehmen (21,8%) selbst oder anderen Kunden (14,3%) ausgeteilt. Für die Unternehmen bedeutet das in den meisten Fällen einen herben Verlust, denn fast drei von vier diskriminierten KundInnen (70,0%) ziehen letztlich eine oder mehrere Konsequenzen aus ihrer Erfahrung: 77,8% verbreiten negative Mundwerbung, 50 % wechseln zu Wettbewerbern und 19,7 % beschweren sich direkt beim Anbieter.

Den Unternehmen rät Paul, dass "sie sich stärker als bislang bewusst machen sollten, welches erhebliche Risiko die Diskriminierung von Kunden für ihren wirtschaftlichen Erfolg darstellt". Es bleibe zu hoffen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter zukünftig besser für Diskriminierung sensibilisieren und weitere erforderliche Maßnahmen ergreifen, um Diskriminierung im Konsum weiter einzugrenzen.

In der Studie wurden insgesamt 1.079 Personen mittels eines Onlinefragebogens befragt. Die Befragung ist repräsentativ für die gesamtdeutsche Bevölkerung. Die Datenerhebung fand im Juli 2012 statt.

Habt ihr auch diskriminierende Erfahrungen gemacht?

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Autorin / Autor: Redaktion/Pressemitteilung - Stand: 28. Mai 2013