Dein Schweigen, Vater

Autorin: Susanne Benda

Der Roman „Dein Schweigen, Vater“ von Susanne Benda erschien 2022 im Urachhaus-Verlag. Die Autorin schreibt in einer fiktiven Geschichte über das Erbe der Nachkommen derer, die im Brünner Todesmarsch ihre Heimat verlassen und neben ihrem Hab und Gut zum Teil auch ihr Leben lassen mussten. Ihr eigener Vater wurde damals vertrieben, was sie zum Anlass genommen hat, sich mit diesem historischen Ereignis auseinanderzusetzen und die Auswirkungen auf folgende Generationen zu beschreiben.

Die Vertreibung der Deutschen aus dem tschechischen Brünn kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs lässt Paul und seine Familie heimatlos werden. Der 12jährige Junge muss gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Großeltern sowie all den anderen deutschen Einwohnern nach Österreich laufen und dort eine Zuflucht finden. Hunderte Menschen lassen dabei ihr Leben – auch ein Teil von Pauls Familie. Die Schrecken dieses Marsches wird er nie wieder vergessen und sie prägen sein restliches Leben. Das spüren auch seine Kinder Marie und Uli, welche sich viele Jahrzehnte später auf die Spuren ihres Vaters begeben. Was hat der Vater ihnen verschwiegen? Worüber konnte und wollte er nie sprechen, obwohl das Schweigen eine undefinierte Leere in den Kindern entstehen ließ?

Ein bewegender Roman über die Kriegsverbrechen vergangener Zeiten, im Anblick des aktuellen Weltgeschehens jedoch aktueller denn je. Als Leser:in wird man mit dem Zwiespalt zwischen dem Wunsch nach Vergeltung und der Frage, wie das Leid des Kriegs enden soll, wenn man keine Vergebung erfährt, konfrontiert. Insbesondere die Auswirkungen auf die folgenden Generationen werden thematisiert, die das Grauen selbst nicht miterlebt haben, aber vom Wesen ihrer Eltern geprägt wurden. Susanne Benda nimmt uns mit auf die Reise der Erinnerung und der Aufarbeitung, was geschehen ist. Sie zeigt, wie unterschiedlich der Wunsch nach Wissen bei den Kindern der Vertriebenen ausgeprägt sein kann und wie man den Spuren der Vergangenheit folgen kann.

Ein sehr inspirierender Roman, der dem Leser die Bedeutung der Auseinandersetzung mit der Geschichte verdeutlicht. Außerdem regt er dazu an, sich selbst seiner Vergangenheit zu stellen und zeigt auf, wie wichtig es sein kann, unseren Eltern und Großeltern einfach einmal zuzuhören. Sich ihre Erlebnisse und Geschichten erzählen zu lassen und zu verstehen, was sie in ihrem Leben geprägt hat. Denn die Suche nach uns selbst beginnt nicht mit unserer Geburt, sondern weit vorher. Darüber hinaus stellt der Roman ein finsteres Nachkriegskapitel in den Vordergrund: Der Brünner Todesmarsch sollte nicht in der Historie verschwinden und durch die Zeit überwachsen werden, wie es den Gedenksteinen ergeht. Es ist wichtig, solche Ereignisse in Erinnerung zu behalten und ein jeder sollte dazu beitragen, dass sich diese Geschichte nicht wiederholt.

Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung, wenn man sich für historische (Kriegs-)Ereignisse interessiert oder aber selbst auf der Suche nach sich selbst ist.

Erschienen bei Urachhaus

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Autorin / Autor: Franziska - Stand: 13. November 2023