Achtung retuschiert!

In Norwegen müssen ab dem 1. Juli retuschierte Bilder in Werbungen deutlich gekennzeichnet werden. Das gilt auch für Influencer_innen

Makellose Haut, perfekte Figur und funkelnde Augen sind in der Werbung und auch in sozialen Netzwerken allgegenwärtig - aber sie sind kein Wunder der Natur, sondern das Ergebnis von tonnenweise Schminke, professionellem Licht, zahlreichen Filtern und einer umfangreichen Retusche. Das wird geglättet, verschlankt, gerundet, Augen, Brüste und Hintern werden vergrößert, Taillen gestaucht und Nasen begradigt.
Zahlreiche Studien haben bereits zeigen können, dass das Bombardement mit solch gefakter Schönheit keine gesunden Auswirkungen auf die Betrachter_innen hat, vor allem auf junge Menschen. Sie fühlen sich in ihrem natürlichen Zustand unzulänglich, zu dick, zu flach, zu pickelig, einfach zu unperfekt für diese Welt. Unrealistische Schönheitsbilder befeuern Essstörungen und machen unglücklich, sagen Forscher_innen.

In Norwegen geht man nun gesetzlich gegen die ungesunden Körperbilder vor. Das Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, dass vorsieht, dass ab dem 1. Juli 2022  jede_r, der oder die gegen Bezahlung für etwas wirbt, mit einem auffälligen Hinweis kennzeichnen muss, wenn mit retuschierten Gesichtern und Körpern geworben wird. Das gilt sowohl für Werbeplakate als auch für Influencer_innen, die in sozialen Netzwerken Produkte präsentieren und betrifft Veränderungen der Körpergröße, der Haut oder der Körperform einer Person.

Die Kennzeichnung erfolgt durch ein zur Verfügung gestelltes rundes Bildchen auf dem der Hinweis "Retusjert Person" (retuschierte Person) zu lesen ist.
Er muss in der Werbung in der oberen linken Ecke platziert werden und mindestens 7% der Anzeige ausmachen. Bei Nichtbeachtung können Bußgelder verhängt werden.

In Frankreich gibt es schon länger eine solche Kennzeichnungspflicht. Auch dort müssen nachträglich "verschönerte" Bilder von Menschen den Hinweis „photographie retouchée“ (retuschiertes Foto) tragen. In Deutschland haben aktuell die Gleichstellungsministerinnen und -minister der Länder die Bundesregierung aufgefordert, eine Kennzeichnungspflicht von retuschierten und mit Beauty-Filtern aufgenommener Bilder durch rechtliche Regelungen möglich zu machen.

Ob solche Kennzeichnungen ausreichend sind, um gegen unrealistische Schönheitsideale vorzugehen, ist noch nicht belegt. So lange das Bild vorhanden ist, spielt das Wissen, dass die gezeigte Schönheit nicht auf natürlichem Wege entstanden ist, möglicherweise eine untergeordnete Rolle (siehe Barbie!). Das Diktat des makellosen Körpers bleibt durch die Bildbotschaft dennoch allgegenwärtig. Wirkungsvoller wäre sicher, Menschen alle Formen und Farben mit all ihren Makeln in ihrer natürlichen Schönheit zu zeigen - so wie sie eben sind: perfekt unperfekt.

Quelle:

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 1. Juli 2022