Abstand macht weise

Psychologie: Konflikte von außen betrachten hilft

Bild: LizzyNet

Leidet ihr unter Liebeskummer und Beziehungsstress? Dann versucht doch einfach mal, euren Konflikt mit den Augen einer Freundin zu betrachten. Das soll nämlich ForscherInnen zufolge helfen, die notwendige Distanz zu gewinnen. Diese wiederum sorgt angeblich für weisere Entscheidungen und Urteile im Hinblick auf den Konflikt. Wie das gehen soll? Sprecht laut oder schreibt in der dritten Person über euch und eure Situation, nennt euch dabei selbst beim Namen und gebt euch schlaue Tipps, wie ihr mit dem Konflikt umgehen solltet, so wie eine gute Freundin: "Leni sollte...".

Erprobt hat diese Methode ein PsychologInnen-Team um Igor Grossmann von der kanadischen University of Waterloo in Experimenten mit Testpersonen. Die Testpersonen - alle fest liiert - sollten sich einen partnernschaftlichen Konflikt vorstellen, in dem entweder ihr/e eigeneR oder der/die PartnerIn einer Freundin/eines Freundes untreu war. Dann sollten sie zu dieser imaginären Beziehungskrise verschiedene Fragen beantworten. Dabei erwiesen sich die Testpersonen als weiser und weitsichtiger, wenn sie über den fiktiven Konflikt von FreundInnen geurteilt hatten als wenn eine eigene Krise Gegenstand der Betrachtung war. Sie konnten sich dann besser in den anderen hineinversetzen, Kompromisse und Lösungsmöglichkeiten entdecken und erahnen, welche Konsequenzen sich aus dem Konflikt noch ergeben könnten.

Die WissenschaftlerInnen überprüften dann, ob sich diese hilfreiche Distanz, die man hat, so lange es nicht der eigene Konflikt ist, auch mit einem Trick bei eigenen Problemen herstellen lässt. Dazu wiesen die WissenschaftlerInnen ihre Testpersonen ausdrücklich an, sich einen eigenen Konflikt vorzustellen, dabei mal aus der ersten Person darüber nachzudenken und mal die Perspektive eines/einer FreundIn einzunehmen. Tatsächlich gelang es den Testeprsonen auch bei einem eigenen Konflikt besser, weise Ratschläge zu erteilen, wenn sie gedanklich den distanzierten Standpunkt eines Außenstehenden bezogen hatten.

Interessanterweise konnten die ForscherInnen beim Vergleich verschiedener Altersgruppen die oft beschworene Weisheit des Alters nicht ausmachen, wenn es um die Bewertung eigener partnerschaftlicher Konflikte ging. Ob alt oder jung, wer mitten drin steckt, beurteilt die Situation nicht unbedingt schlau. Die ForscherInnen nennen dieses Phänomen Solomon’s Paradox, nach dem König Salomon, der für seine weisen Urteile in fremden Konflikten berühmt war, aber in eigener Sache scheiterte.

Den ForscherInnen zufolge hat ihre Studie einen einfachen Weg aufgezeigt, wie man bei Konflikten diese  erhellende Distanz schaffen kann: Über sich selbst in der dritten Person sprechen. Ob das dann in der Praxis genauso hilfreich ist, wie der gute Rat der besten Freundin und ob ihr dann auch in der Lage seid, auf eure eigenen schlauen Tipps zu hören, müsstet ihr im Zweifelsfall dann selbst mal ausprobieren.

Die Studienergebnisse werden im Fachmagazin Psychological Science veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 12. Juni 2014