Unerschöpfliche Willenskraft

Studie: Wir können mehr als wir denken

Jede, die schon einmal vor Prüfungen Nächte durchgepaukt, einen Arbeitstag ohne Ende erlebt hat oder einfach nur psychisch total am Ende war, kennt den Satz: "Mach mal Pause! Dann geht's dir besser." Auch die Werbung arbeitet gern mit dem unbezwingbaren Pausenbedürfnis: "Lehn sich zurück und zappe eine Weile!" "Wirf einen Schokoriegel ein!" Gönne dir dies, mach das - danach fühlst du dich besser und hast wieder neue Energie. Schließlich bist du körperlich erschöpft.

Eine neue Studie von Stanford PsychologInnen behauptet nun, dass der Drang, sich erholen zu müssen (oder wollen wir vielleicht nur Unangenehmes aufschieben?) eigentlich nur in unserem Kopf stattfindet. Die Forscher widersprechen damit der weit verbreiteten Theorie, dass unsere Willenskraft - die Fähigkeit, Ablenkungen zu widerstehen und uns auf eine anspruchsvolle Aufgabe zu konzentrieren - eine begrenzte Ressource ist, die in regelmäßigen Abständen aufgefüllt werden müsse mit Ruhe, Nahrung oder einer anderen physischen Ablenkung.

Das Stanford-Team sagt dagegen: Alles Einbildung! In Wirklichkeit bestimme das, was wir über unsere Willenskraft denken, wie gut und wie lange wir uns auf eine anspruchsvolle Aufgabe konzentrieren können. "Wenn man Willenskraft als etwas ansieht, das biologisch begrenzt ist, wird man viel eher müde", sagte Veronika Job, Studien-Autorin. "Wenn man aber Willenskraft als etwas etwas Unerschöpfliches betrachtet, kann man weiter und weiter gehen."

Um ihre These zu untermauern, entwarfen die ForscherInnen eine Serie von vier Experimenten, in denen die Einstellungen von Stanford Studenten zum Thema Willenskraft getestet und manipuliert wurden. Sie mussten eine anstrengende Aufgabe erledigen und wurden anschließend verglichen. Die erste Gruppe, die Willenskraft für eine begrenzte Ressource hielt, konnte sich tatsächlich weniger und schlechter konzentrieren als die zweite Gruppe, die an die unerschöpliche Quelle ihrer Fähigkeiten glaubte. 

Nebenbei fanden die WissenschaftlerInnen auch heraus, dass die AnhängerInnen der "begrenzte Ressourcen"-Theorie in der Woche bis zur Abschlussprüfung 24 Prozent häufiger Junk Food gegessen hatten als die "Unerschöpflichen". Und 35 Prozent der "Begrenzten" hatten mehr Aufgaben vor sich hergeschoben als die andere Gruppe.

Willenskraft als unbegrenzte Quelle

"Die Theorie, dass Willenskraft eine begrenzte Ressource ist hatte Folgen, die so nicht beabsichtigt waren", sagte Dweck. "Studierende, die über Schwierigkeiten im Studium klagen wird oft geraten, häufiger Pausen einzulegen, weil ihre Konzentrationsfähigkeit begrenzt sei. Aber der Glaube an die Willenskraft als unbegrenzte Quelle bestärkt die Fähigkeit, Herausforderungen zu bestehen viel eher."

Laut den Stanford-ForscherInnen könnten diese Erkenntnisse jenen Menschen helfen, die sich leicht ablenken lassen oder schlecht Versuchungen widerstehen können: zum Beispiel Diabetiker mit strengen Diäten, Menschen, die eine Sucht überwinden müssen, oder auch Berufstätigen, die ein ungewöhnlich arbeitsreiches Projekt durchführen müssen.

"Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie Theorien über unser Verhalten uns in eine falsche Richtung bringen", sagte Walton. "Willenskraft hat weniger mit biologischen Prozessen zu tun als wir meinen. Der Glaube an sie beeinflusst unser Verhalten viel mehr."

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 21. Oktober 2010