Moral macht stark

Psychologie: Mehr Willens- und Körperkraft durch gute Taten

Der Held, der andere Menschen in letzter Minute aus einem sinkenden Auto zieht oder der Bösewicht, der mit Goldbarren beladen über die Dächer flieht, hat oft übermenschliche Kräfte. So kennen wir es aus Film und Fernsehen und auch in der Realität wachsen Menschen, die anderen helfen (oder ihnen böswillig schaden), oft über sich hinaus. Der Forscher Kurt Gray von der Havard University, der zu dem Themenfeld Moral und physische Kraft Versuche mit Freiwilligen durchgeführt hat, hat dafür eine interessante Erklärung. Seiner Ansicht nach sind Menschen, die sich durch gute Taten oder auch durch böse Taten hervortun, nicht unbedingt von vorneherein mit einer besseren Selbstkontrolle, Willenskraft oder physischen Ausdauer gesegnet. Vielmehr führe die Selbstbeobachtung bei einer guten Tat (oder einer bösen) dazu, sich selbst als stärker wahrzunehmen - ein Art selbsterfüllende Prophezeiung.

Der eingebildete Gutmensch ist stärker

In einem Versuch sollten Grays Testpersonen einen Dollar spenden (oder wahlweise behalten) und anschließend ein Gewicht so lange halten wie möglich. Die Spendewilligen bewiesen dabei eine deutlich größere Ausdauer. In einem zweiten Versuch sollten die Testpersonen fiktionale Geschichten schreiben, in denen sie entweder als Gutmensch oder Bösewicht auftraten oder aber als nichts von beidem. Auch diese Testpersonen mussten anschließend eine Kraft-Ausdauer-Probe bestehen. Wie im ersten Versuch erwiesen sich die Möchtegern-Helden stärker als die Gruppe, die über eine Weder-noch-Person geschrieben hatte. Am stärksten aber war überraschenderweise die Gruppe, die sich einen Bösewicht ausgedacht hatte.

*Moralische Transformation*
Für Gray zeigen die Ergebnisse, dass Körper- und Willenskraft nicht unbedingt der Grund für große Taten ist, sondern eine Folge. Diesen psychologischen Effekt, den Gray "Moralische Transformation" nennt, könne man in verschiedenen Bereichen einsetzen, um sich selbst zu stärken. Wer etwa eine Diät mache und kurz davor sei einer schokoladigen Versuchen zu erliegen, könne einer anderen Person helfen, um die eigene Willenskraft zu stärken.

Wenn ihr also vor einem Marathonlauf steht, dann stellt euch vorher einfach vor, ihr wärt eine waghalsige Lebensretterin. Dann haltet ihr ganz sicher bis zum Schluss durch ;-).

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 21. April 2010