Sie weiß auch nicht alles!

Psychologisches Training: Wer von sich selbst öfter mal in der dritten Person denkt und spricht, lernt weiser zu diskutieren.

Soziale Konflikte - vom Familienstreit bis zur politischen Diskussion - enden oft mit wütenden Worten und persönlichen Attacken. In der Regel führen solche Diskussionen nicht zu einer Einigung, sondern verfestigen die Meinungsverschiedenheiten eher. Schön wäre es, alle könnten "weise" miteinander diskutieren, also, im psychologischen Sinne, aufgeschlossen, bereit andere Sichtweisen zu akzeptieren und mit einer gewissen intellektuellen Bescheidenheit. In einer hitzigen Diskussion ist das natürlich besonders schwierig. Kanadische Forscher_innen um Igfor Grossmann sind aber überzeugt, dass man diese Fähigkeit mit einem einfachen Trick trainieren kann. Grossmann und sein Team hatten die einfache Idee, dass man sich selbst ein bisschen distanzierter und aus einer anderen Perspektive betrachten sollte, um die Grenzen des eigenen Wissens, mögliche Auswege aus einem Konflikt und auch andere Standpunkte besser zu erkennen. Wie das gehen soll? Man übt sich einfach darin, von sich selbst in der dritten Person zu sprechen oder zu denken. Statt zu denken "ich bin verletzt und wütend" solle man sagen "sie ist verletzt und wütend". Den Forscher_innen zufolge hilft diese dritte-Person-Perspektive sich selbst besser einzuschätzen. Weil es schwierig sein dürfte, diese Position einzunehmen, wenn man gerade mit hochrotem Kopf in einem Streit steckt, solle das vorher trainiert werden, so dass sich langsam aber sicher eine Weisheit-zentrierte Konfliktlösung entwickle - so zumindest die Hypothese der Wissenschaftler_innen.

*Tagebucheinträge*
Um diese Annahme zu überprüfen, führten sie Feld-Experimente durch, in denen freiwillige Testpersonen zunächst wochenlang Tagebuch in der ersten oder in der dritten Person führen sollten und anschließend im Labor auf ihren Umgang mit sozialen Konflikten  überprüft wurden. Dabei konnte festgestellt werden, dass Testpersonen, die in der dritten Person geschrieben hatten, einen weiseren Umgang mit herausfordernden zwischenmenschlichen Situationen an den Tag legten. Die Forschenden sehen die Ergebnisse als Hinweis, dass ein 3. Person-Training dazu führt, dass wir Distanz zu uns selbst gewinnen und unsere selbstzentrierte Sichtweise verlassen.

Wollt ihr also künftig weise streiten und in den Diskussionen nicht die Haltung verlieren, dann übt euch in der Selbstdistanzierung. Wenn ihr erstmal erkannt habt, dass eure Meinung nicht der Nabel der Welt ist, dann könnt ihr vielleicht auf andere auch wieder offener zugehen.

Quelle:

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 12. Febraur 2021