Ikarus

Einsendung von Lina Salvador, 13 Jahre

Ich flog vor der immer heißer und stickiger werdenden Luft weg. Meine letzten Vorräte an Wassertropfen wurden mit jedem hektischen Flügelschlag weniger. Die Hitze, die mich zu verfolgen schien, war nicht mehr auszuhalten. Wo waren nur alle anderen? Und wo befand ich mich überhaupt? Schnell musste ich zu einer Pflanze, in der noch Wasserspeicher vorhanden war. Aber wo ich auch hinschaute, sah ich nur Staubwolken und die Überreste von verbrannten Häusern und Feldern. Nach einem gefühlt endlosem Flug waren weit und breit keine Lebewesen zu sehen. Meine Kräfte gingen zu Ende, doch einfach so aufgeben würde ich nicht. Weiter, weiter, immer weiter musste ich. Ich redete mir ein, dass ich mit jedem Flügelschlag ein Stück näher an mein Ziel kam. Ein richtiges Ziel hatte ich nicht, ich wusste ja nicht einmal, wo ich denn war. Es gab nur eine Sache, bei der ich mir ganz sicher war; dass ich bald möglichst Wasser finden musste. Dann urplötzlich, wie aus dem Nichts, erschien vor mir eine, nur eine einzige Sonnenblume. Doch für mich bedeutete das viel, sehr viel. Noch wenige Zentimeter, dann, so dachte ich, wäre alles in Ordnung. Doch meine Flügel wollten nicht mehr, sie wollten sich nicht mehr bewegen. Innerhalb weniger Sekunden verlor ich das Gleichgewicht und landete unsanft auf dem verstaubten Boden.

Autorin / Autor: Lina Salvador