Die Zeit läuft …

Beitrag zum Kreativ- und Schreibwettbewerb "Das ist mir was wert" von Finja Malms, 13 Jahre

Die Zeit eilt uns voraus.
Sie lässt kommen und vergehen.
Läuft nach ihrem eigenen Rhythmus bis zum Ende.
Doch gibt es ein Ende?
Und wird dann wieder alles von vorne anfangen?

Ich starre auf die alte Wanduhr: Tick, Tack, Tick, Tack,… wie lange liege ich hier bloß schon? Hinter mir vernehme ich das Knarzen des Schaukelstuhls. Opa sitzt immer noch darin und pafft mit seiner Pfeife weiße Wölkchen in die Luft. Ich stelle mir vor, wie sie dichter und dunkler werden. Schwere Regentropfen fallen zur Erde und … ein einziger Blick aus dem Fenster lässt meine Fantasien zerplatzen. Die Sonne steht hoch am wolkenlosen Himmel und die Blumen im Beet lassen ihre Blätter hängen. Auch im Radio und in der Zeitung wird nur noch von den neuen Rekordtemperaturen und der schlechten Ernte geredet. Denen fällt auch nichts Neues mehr ein. Man sollte lieber darüber nachdenken, was man gegen die Hitze tun kann.
„Opa“, frage ich einer plötzlichen Eingebung folgend, „ ist der Mensch eigentlich gut oder böse?“ „Das ist eine sehr schwierige Frage. Versuche es dir mal so vorzustellen: Tiere handeln nach ihrem Instinkt, ihr Leben und das ihrer Art zu sichern. Bei Menschen ist es anders: Sie streiten aus Lust, morden aus Machtgefühl und führen Kriege gegen ihre eigenen Artgenossen, obwohl es ihnen gut geht. Mit ihrer Lebensweise sind sie weit von der der Tiere entfernt. Und um genau zu sein, stemmen sie sich mit aller Kraft gegen den natürlichen Kreislauf unseres Planeten. Plastik schwimmt in den Meeren, Wälder werden abgeholzt und es wird immer heißer. Die Menschen bringen alles aus dem Gleichgewicht und merken nicht, dass sie damit zu der Ausrottung ihrer eigenen Art beitragen.“
„Aber wir sind doch auch Menschen, wir müssen doch irgendetwas machen können.“
„Ich verstehe deine Frustration, der Mensch müsste seine Fehler erkennen und einiges überdenken, statt alles nur noch schlimmer zu machen. Doch würdest du gerne wieder in einer Höhle leben und jagen gehen? Der Mensch strebt stets nach Bequemlichkeit und die Schwierigkeit besteht darin, diese mit dem Klimaschutz unter einen Hut zu bringen.
In Politik und Wirtschaft dürfte es nicht länger um die Zufriedenstellung der Wähler, Kapital und Profit gehen, sondern um das Problem selbst. Eines ist allerdings sicher, wenn der Mensch jemals etwas gegen den Klimawandel tun wird, dann sicherlich nicht für die Erhaltung der Tier- und Pflanzenarten, sondern für sich selbst. In diesem Punkt ähnelt er den Tieren; das Sichern der eigenen Art ist auch bei ihm im Vordergrund. Mit all den Sprüchen wie „Rettet die Umwelt“ oder „Schützt die Artenvielfalt“ wollen die Menschen eigentlich nur sich selbst retten.“ Opas Blick schweift in die Ferne.

Ich blicke wieder zu der Wanduhr.
Ihr Ticken durchschneidet die Stille im Raum.
Die Zeit läuft im Hintergrund unaufhörlich weiter.
Erst in stillen Momenten wird uns klar, was dies bedeutet:
Dass es auch ein Countdown sein kann.

„Was ist eigentlich, wenn wir wirklich nichts mehr ändern können?“, frage ich in die Stille hinein, „wenn die Erde tatsächlich vom Klimawandel zerstört wird.“ „Eines will ich erstmal klarstellen. Wenn hier etwas untergeht, dann werden es höchstwahrscheinlich wir und unser Lebensraum sein. Unser Planet würde friedlich weiter in seiner Umlaufbahn um die Sonne kreisen und vielleicht auch irgendwann in sie hineinstürzen, doch das ist eine ganz andere Geschichte. Der Mensch wäre allerdings sehr wohl betroffen, wenn es in der Zukunft zu Dürren, Lebensmittelknappheit und Naturkatastrophen käme. Er – als Störfaktor – würde schließlich aussterben und wahrscheinlich würde die Erde ohne ihn neues Leben hervorbringen. Wie dies aussähe, können wir uns jetzt wahrscheinlich noch gar nicht vorstellen.“ Opa räuspert sich: „So, jetzt muss ich mir erstmal neuen Tabak holen.“ Er verlässt, auf einen Krückstock gestützt, das Wohnzimmer, ich bleibe auf dem Boden sitzen und beobachte das Pendel der Wanduhr.

Mir ist nun so einiges klar geworden: Selbst wenn es uns nicht mehr gibt, alles scheint wie ein unendlicher Kreislauf. Wir können uns ihn vielleicht nicht vorstellen, weil wir in von uns erschaffener Zeit denken, in der Einheit des Endlichen. Denn wir sind endlich und auch unsere Spezies. Doch wann wir enden, darüber entscheiden wir nun selbst. Wir sollten uns gut überlegen, ob es uns wirklich egal ist, was passiert oder ob wir gemeinsam gegen uns selbst für uns kämpfen!

Tick, Tack,….

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Autorin / Autor: Finja Malms, 13 Jahre