Geheime Duftverführung

Marketingexperten der Uni Magdeburg zeigen, wie mit Düften auf unser Konsumverhalten eingewirkt wird

Wer seine Weihnachtsgeschenke nicht online bestellt, sondern über den Weihnachtsmarkt schlendert oder durch die Geschäfte streift, sieht sich nicht nur mit Glitter, Glöckchen und Gedudel konfrontiert, sondern auch mit den verschiedensten Gerüchen. Und die kommen nicht nur aus den Lebkuchenbuden, sondern werden offensichtlich auch ganz dezent in den Geschäften unters Volk gebracht, um uns Konsument_innen zu beeinflussen.

*Warum uns Vanille zum Luxus verführt*
Wirtschaftswissenschaftler_innen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg konnten jetzt in einer Studie nachweisen, dass wir wohl eher teure Luxusprodukte kaufen, wenn wir warmen Düften wie Zimt, Vanille oder Karamell ausgesetzt sind. Und das tun wir laut den Forscher_innen nicht etwa, weil wir uns dann besonders wohlfühlen, sondern weil wir uns durch warme Düfte eingeengt fühlen, etwa so, als würden wir uns in einer großen Menschenmenge befinden. „Um dieses beklemmende Gefühl zu kompensieren und sich von anderen abzuheben, kaufen wir Statusprodukte – also eher den SUV als den Kleinwagen“, erklärt Jun.-Prof. Dr. Marcel Lichters von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Universität Magdeburg. Das gebe uns „gefühlt“ die Kontrolle über die Situation zurück.

In ihrer Studie stellten sie den Versuchspersonen verschiedene Kaffeeprodukte vor – vom günstigen Coffee-to-go bis zum Premiumprodukt und stellten fest, dass diejenigen, die einem warmen Vanilleduft ausgesetzt waren, deutlich öfter zum teuren Kaffee griffen. „Es scheint mir plausibel, dass sich diese Erkenntnisse auch auf die Weihnachtszeit übertragen lassen, da es sich bei Zimt und Karamell um typische Düfte für diese Jahreszeit handelt und wir dadurch wahrscheinlich mehr Geld für Geschenke ausgeben“, so Prof. Marko Sarstedt, Leiter des Lehrstuhls BWL, insbesondere Marketing an der Universität Magdeburg.

*Der Reiseduft*
Wie sehr Düfte unsere Wahrnehmung beeinflussen können, hatten die Wissenschaftler_innen bereits in einer umfassenden Studie mit der Deutschen Bahn gezeigt. Ein speziell entwickelter Duft - kaum wahrnehmbar -, der in den Abteilen versprüht wurde, führte dazu, dass Zugreisende die Fahrt sichtlich angenehmer wahrnahmen. Aber ist das in Ordnung? Die Forscher_innen finden das kritisch, weil sich Konsument_innen einer Manipulation gar nicht bewusst seien und sich dem nicht entziehen könnten. „80 bis 90 Prozent unserer Entscheidungen, die wir am Tag fällen, treffen wir intuitiv. Sie werden durch äußere Reize wie Licht, Tageszeit, Musik gesteuert. Viele davon nehmen wir nicht bewusst wahr“, merkt Prof. Sarstedt an.

*Gechenke im Mittelmaß*
Das Forschungsteam deckte aber noch weitere Tricks auf, mit dem der Einzelhandel unser Shoppingverhalten vor Weihnachten beeinflusst: „Wir haben unter anderem auch nachgewiesen, dass Konsumenten bei der Wahl von Produkten zur ‚Mitte‘ bezüglich des Preises und der Qualität tendieren“, erklärt Sarstedt weiter. Vor allem beim Geschenke-Kauf seien viele sehr unsicher, weshalb ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis noch wichtiger sei und das Produkt aus der goldenen Mitte als sichere Bank wahrgenommen werde. Das sei auch der Grund, warum wir oft Produkte wahrnehmen, die wir als schier unerschwinglich einstufen würden. Diese würden unsere Vorstellung davon verändern, was eine „gute Mitte“ sei. „Das wissen die Unternehmen natürlich. Darum bieten sie vor allem um Weihnachten andere Produkte an und verändern die Preise, um uns gezielt auf ein bestimmtes Produkt zu lenken.“

Deshalb haben es sich die Wirtschaftswissenschaftler der Universität Magdeburg zur Aufgabe gemacht, in diesem Bereich zu forschen, um über die unterschiedlichen Mechanismen aufzuklären. „Wir möchten mit unserer Forschung eine öffentliche Diskussion anstoßen. Diese sollte insbesondere auch ethische und rechtliche Aspekte beinhalten“, so Jun.-Prof. Lichters. Doch zuvor werden die Ergebnisse in weiteren Studien validiert und anschließend in realen Verkaufsumgebungen getestet. Auch die Zusammenhänge zwischen Duft und Produktplatzierung sollen in den kommenden Monaten genauer untersucht werden.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 3. Dezember 2019