Diagnose? Dr. Facebook!

Forscher_innen lesen potentielle Krankheiten aus Facebook-Beiträgen heraus und finden dabei skurrile Zusammenhänge

Stethoskop

Unsere Facebook-Posts verraten mehr als wir auf den ersten Blick ahnen. Denn unsere Sprache, die wir in persönlichen Mitteilungen verwenden, gibt nicht nur Auskunft über unsere Stimmung und unsere Persönlichkeit, sondern möglicherweise auch über Krankheiten, unter denen wir leiden. Forscher_innen um Raina Merchant vom US-amerikanischen Penn Medicine's Center for Digital Health haben die Facebook-Profile von 1.000 Patient_innen ausgewertet, die zugestimmt hatten, dass ihre Krankheitsbilder mit ihren sprachlichen Äußerungen auf Facebook in Verbindung gesetzt werden.

"Bottle" verrät Suchtkranke, Gott zeigt Diabetes an

Die Forscher_innen überprüften in ihrer Studie drei verschiedene Modelle, um vorhersagen zu können, welche Patient_innen welche Krankheit haben könnten: ein Modell versuchte Vorhersagen anhand der demographischen Daten wie Alter und Geschlecht zu vorherzusagen, ein zweites Modell analysierte nur die Facebook-Postings, ein drittes kombinierte beide Daten miteinander. Dabei kam Erstaunliches heraus. Denn tatsächlich konnten die Forscher_innen in vielen Fällen allein anhand der Facebook-Postings vorhersagen, wer an welcher Krankheit litt. Wer beispielsweise häufig die Worte Flasche ("bottle") und trinken ("drink") verwendete, hatte mit erhöhter Wahrscheinlichkeit ein Alkoholproblem. So weit, so logisch. Merkwürdiger war die Erkenntnis, dass Menschen, die häufiger religiöse Ausdrücke wie Gott ("god") oder beten ("pray") verwendeten, 15-mal so wahrscheinlich an Diabetes erkrankt waren. Wer gerne dumm ("dumb") oder anderen aggressiven Ausdrücken Raum gab, neigte hingegen zu Drogensucht oder Psychosen. Überraschenderweise war die Vorhersage anhand der sprachlichen Besonderheiten präziser als die der anderen Modelle, dabei würde man wohl instinktiv denken, dass das Alter und das Geschlecht wohl mehr über potentielle Krankheitsrisiken aussagen können als irgendein Geplapper in sozialen Medien.

Die Studie ist nicht die erste in dieser Richtung. Schon häufiger konnten Wissenschaftler_innen zeigen, dass die in sozialen Medien verwendete Sprache und Likes so einiges verraten - so soll sich eine drohende Depression mit einer Analyse von Facebook Beiträgen offenbar besser und frühzeitiger prognostizieren lassen als durch eine klinische Diagnose. Auch wenn sich dieser Forschungszweig noch ganz am Anfang befindet, erhoffen sich die Forscher_innen von der Anwendung neue Ansätze für die Diagnosestellung und Behandlung vieler Krankheiten.

Bis wir auf den Gang zum Arzt oder zur Ärztin verzichten können und stattdessen unsere Beiträge in sozialen Medien einer künstlichen Intelligenz zur Diagnose anvertrauen, geht aber vermutlich noch viel Zeit ins Land. Die Studie zeigt aber zumindest auf, was alles an Informationen in unseren scheinbar belanglosen Beiträgen stecken kann und wie viel wir preisgeben, ohne dass wir davon Kenntnis haben.

Die Studie ist im Fachjournal PLOS one erschienen.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 26. Juni 2019