Die Drohnenlehrer*innen

Studie zu virtuellen Lernerfahrungen zeigt, dass Jungen und Mädchen auch hierbei andere Vorbilder suchen

Bild: University of Copenhagen

"Willkommen zur ersten Stunde! Nehmt eure VR-Brillen aus der Schultasche und schaut euch eure Herzklappe an!" So oder so ähnlich wird der Biounterricht in wenigen Jahren wohl aussehen, wenn nicht die Tafel oder das Lehrbuch, sondern virtuelle Lernumgebungen den Stoff veranschaulichen. Mit einer VR-Brille könnt ihr dann dreidimensionale, simulierte Orte und Situationen betreten, zu denen man normalerweise keinen Zugang hätte, weil es zu teuer, zu gefährlich oder körperlich unmöglich wäre. Internationale Studien prognostizieren jetzt schon, dass die Lehre mittels VR-Technologie die Art und Weise, wie wir lernen, revolutionieren wird. Mithilfe von VR könnt ihr dann die Zellen im menschlichen Körper kennenlernen, während ihr durch euren Blutkreislauf reist. Oder ihr erforscht die Verschmutzung in den Ozeanen, indem ihr euch durch schwimmende Plastikinseln kämpft. Auch komplizierte Experimente mit teuren Laborgeräten und gefährlichen Chemikalien werden möglich sein, wenn man einfach eine VR-Brille aufsetzt, mit der sofort sehr realistische und lebendige Erfahrungen möglich werden. Laut Schätzungen wird die VR-Technologie auch immer preiswerter, sodass sie bis 2025 in den täglichen Unterricht bei rund 15 Millionen Schüler_innen weltweit einbezogen werden könnte.

*Mehr Motivation*
Der Einsatz der VR-Technologie in der Lehre ist aber bisher wenig erforscht. Deshalb will Guido Makransky von der Universität Kopenhagen herausfinden, wie, warum und in welchem Umfeld VR-Lernen einen Vorteil gegenüber traditionellen Methoden und Medien bietet. Ein erstes Ergebnis hat er schon, denn Studien zeigen, dass VR-Lernen, bei dem Schüler_innen bestimmte Fähigkeiten durch Simulationen trainieren, effektiver sein kann als normales Unterrichten im Klassenzimmer oder Lernen am Computer. Es scheint auch die Schüler_innen mehr zu motivieren, wobei das ja eigentlich bei jeder neuen Technik der Fall ist.

*Das Geschlecht der virtuellen Lehrkraft*
Schon seit 2014 dokumentiert Makransky in verschiedenen Studien, dass VR-Lernen in bestimmten Situationen ansprechender ist und zu besseren Lernergebnissen führen kann als herkömmliche Methoden. Seine neueste Forschung zeigt aber auch, dass das Lernen von Mädchen und Jungen je nach Form und Aussehen des virtuellen Lehrers, des so genannten pädagogischen Agenten, sehr unterschiedlich ist. In einer Studie mit 66 Schüler_innen der 7. und 8. Klasse (halb Jungen, halb Mädchen) an einer dänischen naturwissenschaftlichen Talentschule fanden Makransky und seine Kolleg_innen heraus, dass die Mädchen am meisten in den VR-Simulationen lernten, wenn sie von einer jungen, weiblichen Forscherin namens Marie unterrichtet wurden. Die Jungen nahmen dagegen mehr Wissen auf, wenn sie von einem fliegenden Roboter in Form einer Drohne unterrichtet wurden. Die Forscher_innen vermuten, dass die Schüler in diesen Robotern Superhelden-Qualitäten wiederfinden, die sie auch aus Computerspielen kennen.

"Es zeigt sich, dass das Lernniveau steigt, wenn sich die Lernenden mit dem pädagogischen Agenten identifizieren. Das ist wichtig, weil das Interesse in den mittleren Klassen abnimmt und wir das Interesse - vor allem von Schülerinnen - an Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) erhöhen wollen," erklärt Makransky. Deshalb sei es sehr attraktiv, weibliche VR-Figuren einzusetzen. VR-Programmgestalter sollten überhaupt unterschiedliche pädagogische Agenten für verschiedene Arten von Lernenden einbinden.

Es stellte sich außerdem heraus, dass je jünger die Schüler_innen waren, desto wichtiger war es für sie, sich mit ihrer VR-Lehrkraft identifizieren zu können. Studierende profitierten nicht unbedingt davon, wenn sie von einer Figur angewiesen werden, die ihnen ähnlich war.

Aber es gibt noch viele offene Fragen zum VR-Lernen, fügt Guido Makransky hinzu, der derzeit ein Projekt leitet, in dem er und seine Kolleg_innen vom Virtuellen Lernlabor der Universität Kopenhagen noch weitere Aspekte untersuchen, zum Beispiel, wann es für Schulen am vorteilhaftesten ist, VR für den Unterricht einzusetzen und wie man VR-Lernerfahrungen gestalten muss, damit sie den Unterricht wirklich bereichern und gut in einem Klassenzimmer funktionieren. Und vielleicht hat sich ja bis dahin auch etwas in den Rollenbildern verändert ;-)

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung