Eine außergewöhnliche Freundschaft

Beitrag zum Schreibwettbewerb Morgengrün von Corinna Paeschke, 12 Jahre

New York City, 2012

"Das Schiff fährt in 15 Min. ab!“ sagte der Kapitän. Eine hohe, weibliche Stimme rief: "Jetzt beeil dich, sonst kommen wir zu spät!“  Luis stöhnte ein genervtes Ja, ja. Als sie auf dem Kreuzfahrtschiff waren und endlich in ihre Luxuskabine konnten, hatte Julia eine Idee: "Hey Luis, hast du Lust auf ein schönes Picknick mit mir an Deck?“ Sie bestellten frisches Obst, etwas Gemüse, Fisch und zwei Gläser Champagner, Baguettes und ein bisschen Auflage. Das Essen kam in vielen kleinen Plastiktüten und –dosen. Weil sie keine Lust hatten, alles noch auf die Teller zu legen, nahmen sie die Sachen in den Tüten mit. Sie gingen zusammen über viele Stockwerke und unzählige Treppen auf Oberdeck und staunten über diese Aussicht. Sie sahen gefühlt die ganze Welt. Beim picknicken waren sie so in Gedanken, dass eine Plastiktüte hinweg flog. Luis erschrak und wollte sie noch schnappen: "Mist! Die Tüte!“ Julia verdrehte die Augen und sprach: „Ist doch nicht so schlimm, die kleine Plastiktüte - dass hält die Umwelt schon aus!“

"Hey, ich bin Brain! Doch wer bin ich? Das fragen Sie sich doch jetzt, oder?“
„Ich bin eine neugierige, kleine, und bunte Plastiktüte!“ Ich wurde beim Picknick vom Wind weggeweht und bin im Wasser gelandet. Von dort aus ging es für mich auf eine gefährliche, aber auch schöne Reise. Ich erlebte viel grauenhaftes, aber auch interessantes. Auf meiner Reise lernte ich meinen besten Freund Fiete kennen. Er war eine kleine Plastikflasche und wie ich noch nicht sehr lange im Meer unterwegs: "Ey, pass doch auf!", schrie damals eine grelle Stimme auf einmal. Eine kleine Plastikflasche schwamm unter mir. Ich antwortete genervt: "Entschuldigung?! Ich  bin hier oben, dann ist doch wohl klar, dass du aufpassen musst?!." Ich wollte gerade wegtreiben, doch dann meldete sich wieder diese grelle Stimme: "Aua! Du ziehst mich doch mit!“ Es stimmt,  bei diesem Aufprall verhedderte ich mich mit dieser kleinen Plastikflasche. Da wir uns beide nicht befreien konnten, mussten wir wohl oder übel miteinander treiben. „Ich bin übrigens Fiete, wer bist du, wo kommst du her, warum bist du hier?“ "Wenn du die ganze Zeit redest, dann stopfe ich dir mit der nächsten Welle eine Qualle in deinen Flaschenhals!“ Daraufhin war Fiete beleidigt und sprach lange Zeit kein Wort mehr. Ich wurde unruhig, wir trieben auf einen Strand zu. So viele Farben, so viele Leute saßen am Ufer und blickten verstört und ärgerlich auf uns beide. Ich hörte einen jungen Mann rufen: „Schon wieder dieser Plastikmüll im Wasser!“ Er fischte mich aus dem Wasser und war auf dem Weg zum Mülleimer. Doch er wurde von einem Betrunkenen angerempelt und ließ mich vor Schreck wieder fallen. Der Wind hat mich behutsam aufgefangen und zurück ins Meer getragen. Ich hörte den jungen Mann noch rufen: „Pass doch auf, ich wollte den Müll entsorgen, es schwimmt zu viel Plastik im Wasser rum, die Lebewesen im Wasser ersticken daran!“ Dem Betrunkenen war das aber egal und torkelte lallend weiter. Plötzlich hörte ich Fiete begeistert brüllen: „Da bist du ja endlich wieder, ich bin so froh! Ohne dich würde ich das hier im großen Wasser nicht durchstehen.“ Ich aber beachtete ihn nicht. Auf einmal wurde die Strömung immer stärker. Wir verloren die Orientierung. Wir wachten erst wieder auf, als wir Grund unter uns spürten. Doch dann erschrak Fiete. Sein Flaschenboden hatte einen Riss bekommen. Panisch rief er mir zu: "Brain, wach auf! Ich brauche Hilfe! Hallo!“ Ich wachte langsam auf und blickte in das verängstigte Gesicht von Fiete. “Was ist los?“, fragte ich, doch dann sah ich  das Problem. Ich versuchte Fiete zu beruhigen, aber es war hoffnungslos. „Hey, hör mir zu, ich lass dich nicht allein, du bist mir wichtig!“  Fiete ging es durch diese Worte etwas besser. Die Strömung wurde wieder stärker, aber dieses Mal verloren wir nicht die Orientierung und blieben zusammen. Auf einmal erkannten sie in der Ferne die Form einer Muschel. So etwas Schönes und Großes haben wir bisher noch nicht gesehen. Auch tief unter uns war plötzlich eine wundersame und farbenfrohe Welt zu erkennen, Korallen. Aber ein großer Teil war erschreckend farblos und irgendwie tot. Mir wurde ganz kalt. Auch Fiete wurde durch diesen Anblick sehr nachdenklich. Wir sahen beide wie sich Müll unterschiedlichster Art in diesen feinen Gebilden verfangen hat. Eine starke Strömung hat uns dann erwischt und wir wurden mitgerissen. Schmerzhaft landeten wir in einem Steinkorallenfeld. Für eine kleine Plastiktüte wie mich ein Horror. Fiete sprach mich sorgenvoll an: „Ist alles in Ordnung bei dir?  Du siehst so durchsichtig aus…“ Mit einem genervten Unterton entgegnete ich: „Das kommt durch die lange Reise, ich löse mich langsam auf, kleine Teilchen von mir schwimmen jetzt im Wasser rum und ich habe große Angst, dass sich Lebewesen an mir verschlucken und dadurch vielleicht sogar sterben müssen!“ Fiete hatte aber den großen Riss an meinem Boden gemeint. Er lächelte und sagte: „Wenigstens können sich die Fische nicht mehr in dir verfangen und weiterschwimmen.“ Mir wurde schwindlig und mit letzter Kraft hauchte ich zu Fiete: „Der junge Mann hätte uns beide besser in den Müll geworfen. Fiete, du warst mein bester Freund, pass auf dich auf!“ Fiete schluchzte „Nein!“ Er überlegte, was er für mich tun könnte, was mich glücklich machen würde. Ich spürte, wie er mit mir nach oben trieb und sich mit der Strömung in Landrichtung trieben lies. Ich freute mich sehr, er wollte, dass uns jemand bemerkt und aus dem Wasser fischt. Fiete sah ein junges Mädchen. Es kam auf uns zu, nahm uns beide aus dem Wasser und rief: "Ab in den Müll mit euch! Das Meer freut sich, wenn nicht nur ich sondern viele Menschen sorgsamer mit Plastikmüll umgehen würden, und nichts mehr achtlos ins Meer schmeißen!“  Sie ging zum Mülleimer und warf uns Beide hinein. Lasst uns gemeinsam gegen die Verschmutzung der Meere vorgehen und weniger Einwegplastik verwenden.

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Autorin / Autor: Corinna Paeschke, 12 Jahre