Das passiert nicht dir!
Forscher_innen entwickeln mentales Training gegen Fremdschämen
Du verschüttest bei deinem ersten Bewerbungsgespräch ein Glas Wasser über die Unterlagen auf dem schicken Schreibtisch deiner potentiellen neuen Chefin? Du lästerst lautstark über die neue Frisur einer Freundin, die gerade hinter dir steht. Du setzt dich auf ein fremdes Sofa und als du aufstehst, sind darauf überall feuchte Schweißflecke zu sehen? Uaaaahhhhh, peiiiiinlich! Solche Gefühle sind normal. Eine übertriebene Furcht vor Peinlichkeiten offenbart sich hingegen darin, dass man sich auch dann unwohl fühlt, wenn man eine peinliche Situation beobachtet, in der eine fremde Person steckt. Übertriebene Scham und Fremdscham führen möglicherweise dazu, dass man im Alltag versucht, alle möglichen potentiell peinlichen Situationen zu meiden, die aber vielleicht wichtig wären. Forscher_innen um Li Jiang von der Carnegie Mellon University haben eine Verhaltenstherapie entwickelt, die helfen soll, die Angst vor Peinlichkeit in den Griff zu bekommen.
In einer Versuchsreihe mit Student_innen hatten sie herausgefunden, dass vor allem Personen mit einer starken Selbstaufmerksamkeit zu negativen Gefühlen und Ängsten neigten, wenn sie andere in einer peinlichen Situation beobachteten. Den Testpersonen wurden Werbespots gezeigt, in denen etwa eine Frau in einer Yogastunde oder ein Mann bei einem romantischen Date einen lauten Furz lässt. Während die meisten Teilnehmer_innen die Peinlichkeit der Situation ähnlich einschätzen, quälten sich die besonders selbstaufmerksamen beim Betrachten mit unangenehmen Gefühlen herum. Ihnen fiel es offenbar schwer, sich selbst nur als Beobachter, nicht als Akteur in dem peinlichen Geschehen zu betrachten.
Solchen Menschen könnte den Forscher_innen zufolge ein Training helfen, dass ihnen verdeutlicht, dass sie nur Beobachter_in, nicht Teilnehmer_in der unangenehmen Situation sind. Zumindest in der Studie gelang es, das unangenehme Fremdschämen bei Personen dieses Persönlichkeitstyps zu verringern.
Werbetreibenden empfehlen die Forscher_innen zu überdenken, ob sie in Werbspots wirklich mit witzig-peinlichen Szenen überzeugen wollen. Bei den Betrachter_innen kann das möglicherweise Gefühle auslösen, die nicht unbedingt verrkausffördernd sind.
Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift "Motivation and Emotion" erschienen.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 3. April 2018