"Die sollen es nicht besser haben"

Studie: Je verbitterter Menschen sind, umso eher machen sie sich Sorgen wegen Zuwanderung – in allen gesellschaftlichen Schichten

Woche für Woche ziehen PEGIDA-Anhänger durch Dresden und andere Orte in Deutschland. Es gab noch nie so viele Anschläge auf Flüchtlingsheime, Migranten werden auf offener Straße attackiert und auch in den sozialen Netzwerken verbreiten selbsternannte "Asyl- und Islamkritiker" rassistische Hetze. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Menschen, die in ihrer Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen nicht müde werden und ihre Zahl ist weitaus höher als die der sogenannten "besorgten Bürger". Die derzeitige Situation scheint die Menschen - nicht nur hierzulande - in zwei unversöhnliche Lager zu teilen: Die, die hassen und angeblich Angst vor "dem Untergang des Abendlandes" haben - und die, für die es eine Selbstverständlichkeit ist, erstens Menschen in Not zu helfen und zweitens in einer pluralistischen Gesellschaft zu leben, deren Mitglieder unterschiedlicher Herkunft und verschiedenen Glaubens sind. Wie kommt es aber zu diesen so konträren Einstellungen und Haltungen? Nach einer neuen Studie liegt es offenbar am Grad der Verbitterung: Je verbitterter Menschen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich wegen Zuwanderung nach Deutschland Sorgen machen. Das gilt für Frauen und Männer aus allen gesellschaftlichen Schichten. So lauten die zentralen Ergebnisse einer Studie, die auf der Basis von Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) erstellt wurde. Die Psychologie beschreibt das Gefühl von Verbitterung als eine Mischung aus Ärger und Hoffnungslosigkeit, die daraus resultiert, dass Menschen sich von anderen Menschen oder vom Schicksal benachteiligt fühlen.

Um den Zusammenhang zwischen Verbitterung und einer negativen Einstellung gegenüber Zuwanderung zu untersuchen, haben Panu Poutvaara vom Ifo Institut und Max Friedrich Steinhardt von der Helmut-Schmidt- Universität Daten von mehr als 16.000 Erwachsenen ausgewertet, die 2005 und 2010 in der repräsentativen Studie SOEP befragt worden waren. Zum einen hatten die Befragten auf einer Punkteskala angegeben, inwieweit sie glaubten, in ihrem Leben im Vergleich zu anderen nicht das erreicht zu haben, was sie verdienten. Die Antworten auf diese Frage dienten den Forschern als Indikator für den Grad der Verbitterung der Befragten. Zum anderen hatten die Befragten Angaben – unabhängig von der Frage zur Verbitterung – darüber gemacht, ob und wie sehr sie sich wegen der Zuwanderung sorgten.

Die Analyse der SOEP-Daten zeigt: Je verbitterter die Befragten waren, desto eher machten sie sich Sorgen wegen der Zuwanderung. Unter denjenigen Befragten, die sehr verbittert waren, machten sich 43 Prozent starke Sorgen. Unter denjenigen, die überhaupt nicht verbittert waren, waren es nur gut 15 Prozent.

Panu Poutvaara vom Ifo Institut in München warnt davor, dass eine in vielen europäischen Ländern infolge der Wirtschaftskrise steigende Verbitterung der Menschen zu wachsender Fremdenfeindlichkeit führen könnte. „Die Integration von Zuwanderern würde so weiter erschwert – sowohl für die Migranten selbst, als auch für die Aufnahmegesellschaft.“

Eine mögliche Erklärung für diesen Zusammenhang sehen die Forscher darin, "dass verbitterte Menschen tief vom Leben enttäuscht sind und daher auch anderen Menschen – Migranten eingeschlossen – kein besseres Leben gönnen“, sagt Max Friedrich Steinhardt, einer der Studien-Autoren.

Die Wissenschaftler hatten auch andere mögliche Erklärungen mit Hilfe verschiedener statistischer Verfahren überprüft. Ihre Berechnungen zeigen jedoch: Weder der Bildungsgrad noch die Arbeitssituation der Befragten, weder Angst vor Kriminalität noch ihre individuelle Lebenszufriedenheit können vollständig erklären, warum verbitterte Menschen sich stärker als andere wegen der Zuwanderung sorgen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung