Unbeschwert ins Promille-Koma

DAK-Studie belegt: TV-Werbung für Alkohol verführt Jugendliche zum Komasaufen

Bierkästen werden über Bord eines Segelboots gehievt, beim Chillen am Strand macht die Rum-Flasche die Runde. Bei allem, was Spaß macht, ist Alkohol der selbstverständliche Begleiter. Wundert es da, dass Alkoholwerbung im Fernsehen das sogenannte Komasaufen bei Kindern und Jugendlichen steigert? Wie die Krankenkasse DAK jetzt in einer neuen Studie zeigt, erhöht sich das Risiko für regelmäßiges Rauschtrinken bei Minderjährigen durch häufiges Sehen von TV-Werbespots über Bier oder Schnaps sogar bis zu vier Mal.

1.500 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren wurden für die repräsentative Langzeit-Untersuchung der DAK- Gesundheit und des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) über 30 Monate begleitet. Zu Beginn der Studie hatte kein Mädchen und kein Junge jemals fünf oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit getrunken. Diese Menge gilt unter Fachleuten als Kriterium für „Binge Drinking“ (Rauschtrinken). Dann wurde im Zeitraum von 30 Monaten untersucht, wie oft sie Kontakt zu TV-Werbungen für alkoholische Getränke hatten. ob sie die Alkoholwerbung wahrnehmen und wie sich dies auf ihr Trinkverhalten auswirkt.

Hauptergebnis der DAK-Studie: Die Wahrscheinlichkeit für riskanten Alkoholkonsum steigt mit dem Kontakt zu Alkoholwerbung deutlich an. Im Durchschnitt hatten die befragten Jugendlichen mehr als die Hälfte der präsentierten TV-Spots für Bier oder Schnaps schon einmal gesehen. „Bei den Schülern mit dem niedrigsten Alkoholwerbekontakt hatten 6,2 Prozent der Befragten mehr als fünf Rauscherlebnisse im Beobachtungszeitraum“, erklärt Professor Reiner Hanewinkel als Studienleiter des IFT-Nord. „Bei den Teilnehmern mit dem höchsten Werbekontakt lag die Rauschquote bei 24 Prozent und damit vier Mal so hoch.“

Die Langzeituntersuchung bestätigt, dass riskanter Alkoholkonsum bei Jugendlichen in Deutschland ein weit verbreitetes Phänomen ist. Die Hälfte der teilnehmenden 1500 Schüler berichtete über erstmaliges Rauschtrinken innerhalb der 30 Monate. Elf Prozent der weiblichen und 18 Prozent der männlichen Befragten berichteten über häufiges Rauschtrinken mit mehr als fünf Erfahrungen. Im Vergleich mit anderen Studien zum Thema Alkoholmissbrauch wurde mit dem 30-monatigen Untersuchungszeitraum eine relativ lange Beobachtungsphase gewählt.

„Unsere Studie zeigt, dass Alkoholwerbung von Jugendlichen nicht nur wahrgenommen wird“, betont Ralf Kremer, Suchtexperte der DAK- Gesundheit. „Die Werbung kann vielmehr als unabhängiger Risikofaktor für die Initiierung des häufigen Rauschtrinkens im Jugendalter angesehen werden.“ Als Reaktion auf die Studienergebnisse plädieren die Studienautor_innen für eine kombinierte Präventionsstrategie: Kinder, Jugendliche und deren Eltern bei einem kritischen Umgang mit Medien und Werbung zu unterstützen und auch bestimmte Werbeverbote anzustreben. Vermutlich werde nur ein sogenannter „Policy-Mix“ aus beiden Ansätzen dazu führen, das Problem des häufigen jugendlichen Rauschtrinkens nachhaltig zu beeinflussen.

Fragt sich, wie viele Studien noch benötigt werden, bis man bei Alkoholwerbung nicht ebensolche Werbeverbote und Warnhinweise in Erwägung zieht, wie bei Zigaretten und Tabak?

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Autorin / Autor: Redaktion/ PM - Stand: 7. Oktober 2015