Rezession - was hat das mit mir zu tun?

Die Weltwirtschaftskrise aus der Sicht einer Schülerin: Eines Montags morgens als ich normal aufwachte...

Wenn ich morgens aufstehe, dann steht der Kaffee bereit. Ich verschlinge mein Frühstück in meisterhaften fünf Minuten! Anschließend mach ich mich für die Schule fertig. Meistens stehe ich vor meinem Kleiderschrank, was soll ich bloß anziehen? Einige Pullover und Jeans später, hab ich mich für ein schwarzes T-Shirt mit Druck und meiner Lieblingsjeans entschieden. Damit ich nicht friere, schließlich herrsche bereits jetzt schon winterliche Temperaturen und zudem wohne ich auf einem Berg wo es viel kälter ist als in der Stadt, nehme ich meinen Schal, eine dicke Jacke und Stiefletten, bei denen ich zehn Euro gespart habe, weil die Verkäuferin den Preis falsch abgelesen hat! Ob ich Skrupel habe? In dem Moment steckte ich tatsächlich in meinem Gewissenskonflikt wegen der Stiefletten, aber dann dachte ich, macht nichts, die zehn Euro werden sie überleben. Ich schaue auf die Uhr, in fünf Minuten fährt der Bus! Ich schnappe meine Schultasche, nuschle zu meiner Mum ein Aufwiedersehen und renn zur Bushaltestelle. Glück gehabt!

Wie soll ich das Abi schaffen?

Und wie fängt am besten ein Montagmorgen an? Genau, mit zwei Stunden Mathe, in denen ich absolut gar nichts verstehe und mir ständig die Frage stelle: Wie soll ich das Abi schaffen? Während ich in meinen Tagträumen vertieft bin und darüber nachdenke, welche Gelegenheit sich bieten würden, wenn ich mit der Schule abbrechen würde, dreht sich die Welt einfach weiter. Der anstrengende Schultag hat mich so sehr ausgelaugt, dass ich nichts gegen ein üppiges Mittagsessen einzuwenden habe. Ich würde nicht direkt sagen, dass ich nicht wolle, dass meine Mutter ihren Job aufgibt, nur damit sie genug Zeit hat etwas Leckeres für mich herbei zu zaubern, aber es wäre nicht schlecht. Aber ich gebe mich einem Fertiggericht hin, nehme eine Dusche anschließend zur Entspannung und setze mich vor meinem Computer.

Erst wenn man sich bewusst ist, wie viel man hat, kann man leben.

Und als ich so das Internet nach dem neusten Klatsch und Tratsch durchforste, erhält eine Homepage besonders viel Aufmerksamkeit von mir. Es ist die Internetseite von Amnesty International (www.amnesty.de). Sie schreiben darüber, dass eine Milliarde Menschen in extremer Armut leben und bereits in knapp 20 Jahren, also 2030 es doppelt so viele sein sollen. Das nur wegen der Wirtschaftskrise. Ich erinnere mich an einen Bericht von n–tv, sie zeigten Bänker, die ihre Bonusgehälter beim Gericht einklagen wollten. Ich erinnere mich an einen Bericht von Spiegel–TV: Manager, Bänker, niedere Angestellte in einem Striplokal, die allesamt die Meinung vertreten: „Finanzkrise? Wann hat die denn angefangen?“. Ich erinnere mich daran wie meine Schulkameraden fragten: „Rezession? Was ist das?“. Was das alles damit zu tun hat, dass die Welt noch nie so viele hungernde Menschen in extremster Armut leben? Was hat das alles damit zu tun, dass wir über 200 000 Slums haben? Fragen, die keiner stellt und dessen Antworten niemand wissen will. Menschen, die morgens aufstehen und kein Frühstück haben, keine Kleiderauswahl haben und sich nicht vor dem Winter mit einem Schal oder Jacke schützen können. Menschen für die mit dem Bus fahren Luxus ist. Menschen, die den Schulbesuch für ihre Kinder sich nicht leisten können. Menschen, die arbeiten wollen und doch keine bekommen. Nur weil gewissenslose Abzocker sich an der Börse verschätzt haben, weil die Bush-Regierung nichts unternahm, weil wir lieber im Fernsehen zu sehen, wie Bänker auf ihr Recht pochen, weil wir nichts dagegen tun, dass Menschen in Deutschland in Armustregionen abgeschoben werden, weil sie „Ausländer“ sind, weil sie nicht das Glück hatten in einen reichen Industriestaat geboren zu werden. Das alles nur, weil wir da sitzen und zu sehen. Erst wenn man sich bewusst ist, wie viel man hat, kann man leben. Ich schaltete den Computer aus und machte mich über die Mathehausaufgaben her. Vielleicht, denke ich noch, vielleicht kann man ihnen helfen, denn mir fällt ein kürzlich genanntes Zitat ein: „Never doubt that a small group of people can change the world. Indeed, it is the only thing that ever has.” –Margaret Mead.

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Autorin / Autor: ladypu; - Stand: 27. Oktober 2009