Das natürlichste der Welt

Einsendung zum Schreibwettbewerb Dr. Futura im Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung

„Miss Fleur…“, Doktor Future schaute mich stinrunzelnd an. „…das sind die schlechtesten Werte der letzten drei Monate. Wir haben keine andere Wahl, wir müssen jetzt die Gentherapie anwenden.“ Mit einem Knarren setzte sie sich auf ihren ledernden Bürostuhl und schaute mich mit zusammengefalteten Händen an.
„Sie wissen was das bedeutet?“ Ich schüttelte nur leicht meinen Kopf. Die Diagnose hatte mir den Boden unter den Füßen weggezogen.
„Ihre rechte Niere ist von Krebs zerfressen…“, sie sprach weiterhin ruhig und sachlich.
„…wir könnten sie entnehmen, das Problem ist nur, dass wir ja schon ihre linke Niere entfernt hatten. Die Dialyse würde also nicht mehr ausreichen. Deshalb werden wir ihnen die Genspritze geben. Ich versuch es ihnen einfach zu erklären, weil es in den meisten Biounterricht nicht über die Mitose hinausgeht in der Hinsicht. Die Spritze werden wir ihnen in die Nierengegend geben. Die Gene, die wir ihnen geben, werden ihre Niere auf natürlicher Weise klonen, allerdings ohne den Krebs. Ist diese Niere einwandfrei, wir so auch eine zweite Niere geklont. Dadurch haben sie eine Zeitlang drei Nieren, weil wir erst danach die kranke entfernen werden. Diese Art, ihre Niere zu klonen, ist das natürlichste der Welt. Dieser Vorgang findet natürlich im Körper statt, wir beschleunigen sie nur und konzentrieren uns nur auf einer Stelle in ihrem Organismus.“
Dr. Futura stockte und sah mich fragend an.
„Aber es wird auch Nachteile geben, oder?“, meine Stimme zitterte. Verzweifelt versuchte ich den Krebs schon seit fast vier Monaten zu besiegen, doch aller Therapien schlugen nicht an. Obwohl ich mit meinen 21 Jahren gute Chancen hatte zu überleben, gelang es mir nicht die Krankheit zu überwinden.
„Ja, es gibt Nebenwirkungen und Nachteile. Die Nebenwirkungen sind bei ihnen vermutlich nicht so auffällig, dass sich andere Zellen ebenfalls erneuern. Das heißt ihre noch nicht vorhandenen Falten verschwinden, sie sind länger fruchtbar, das heißt ihre ganzen Zellen regenerieren sich. Andere Körperteile wie ein abgeschnittener Finger, den sie nicht haben, würden sich bei dieser Behandlung auch regenerieren. Die Nachteile sind weit schwer wiegender. In der Zeit, in der die Spritze wirkt, können wir keine anderen Therapien anwenden, das würde die neuen Zellen zerstören. Das heißt, treten Mutationen bei dem Klonen auf und funktionieren die Nieren nicht, wie sie sollten, kann der Krebs sich weiterhin verbreiten. Außerdem müssen sie ungefähr zwei Wochen im Krankenhaus verbringen und werden dabei auch starke Schmerzen empfinden. Andere Medikamente sind in der Zeit verboten. Fieber und Symptome einer Grippe werden sie heimsuchen. Nach einer Woche ist die erste Niere fertig, nach der zweiten Woche die zweite Niere. Es könnte alles umsonst sein, wenn irgendetwas bei der Klonung falsch läuft aber…“, sie stockte.
„…aber es ist meine letzte Chance“, ergänzte ich ihren Satz.
„Sie können es sich natürlich noch überlegen…“
„…nein, das brauche ich nicht!“, langsam hob ich meinen Kopf und schaute sie an.
„Besser alles ausprobieren und dann zu sterben als nichts ausprobieren und zu sterben! Von irgendwo her müssen wir ja in der modernen Zeit unsere altmodische Hoffnung herbekommen.“

Autorin / Autor: Jennifer, 17 Jahre