Abzocke im Internet - was tun?

Beim ahnungslosen Surfen im Netz lassen sich schnell dubiose Internetseiten mit verlockenden Gratisangeboten finden

Ahnenforschung, Intelligenztests oder Berufsberatung. Kurze Anmeldung genügt und das volle Angebot steht zur Verfügung. Doch dann kommt ein paar Wochen nach dem Einloggen plötzlich unerfreuliche Post: Ihr habt mit der Anmeldung angeblich einen Vertrag abgeschlossen und sollt eine saftige Rechnung zahlen.

*Erst gratis, dann Nutzungsgebühr*
Onlineabzocke läuft längst im großen Stil. Dabei ist die Masche immer ähnlich. Beim ahnungslosen Surfen im Netz lassen sich schnell dubiose Internetseiten mit verlockenden Gratisangeboten finden: Kostenlose SMS verschicken, Gedichte oder Tattoomotive gratis runterladen oder einen IQ-Test machen - doch statt tatsächlich kostenlosen Service zu bieten, will der Anbieter später eine einmalige Nutzungsgebühr für seine Dienste, und die kann dann locker dreistellig sein. Andere Seitenbetreiber wollen euch mit einem Eintrag ins Anmeldeformular gleich ein zweijähriges Abonnement angedreht haben. Doch davon wisst ihr gar nichts.

*Tausende tappen in die Internet-Falle*
Nach der Rechnung folgt meist ziemlich schnell die erste Mahnung, manchmal auch ein Anwaltsschreiben mit Zahlungsaufforderung oder gar die Drohung mit einem Inkasso-Unternehmen, das die Schulden bei euch eintreiben will. Spätestens dann kommt ihr mächtig ins Schwitzen. Um es gleich vorab zu sagen: Ihr seid nicht allein. Tausende von Verbrauchern werden so täglich im Internet reingelegt. Doch was ist da eigentlich schief gelaufen? "Das ist ein ganz typisches Beispiel für Internet-Abzocke", sagt Iwona Gromek, Juristin bei der Verbraucherzentrale NRW. Die Anbieter setzen nämlich darauf, dass der User den Preishinweis ganz schlecht findet, weil er zum Beispiel nur im Kleingedruckten steht. Manchmal ist der Hinweis auf die Folgekosten auch farblich so getarnt, dass man ihn ganz leicht übersehen kann. Doch so geht es nicht. "Der Anbieter muss darauf hinweisen, dass das Angebot kostenpflichtig ist und zwar so, dass man es auch sofort findet. Wird der Preis irgendwo auf der Seite versteckt, nennt der Gesetzgeber das 'arglistige Täuschung'. Und dagegen kann man vorgehen."

*14 Tage Rücktrittsrecht*
Und noch etwas muss der Online-Anbieter tun. Er muss euch darüber informieren, dass ihr innerhalb von zwei Wochen von einem so geschlossenen Vertrag zurücktreten könnt. Dieses so genannte „Widerrufsrecht“ gilt für sämtliche Internetgeschäfte. Allerdings hüllen sich auch hier die Internet-Abzocker gerne in Schweigen. Oft kommt die Rechnung erst, wenn die Zwei-Wochen-Frist längst verstrichen ist. Trotzdem gilt: Hat euch der Anbieter nicht ausdrücklich über euer Recht auf Rücktritt informiert, ist der Vertrag ungültig. Somit gibt es also schon zwei gute Gründe, warum der Anbieter mit dieser linken Nummer nicht durchkommen dürfte.

*Verträge mit Musterbriefen anfechten*
Was also ist zu tun, wenn euch unberechtigt eine Rechnung ins Haus flattert? Wem so etwas passiert, sollte den Vertrag in jedem Fall widerrufen und wegen arglistiger Täuschung anfechten. Aber keine Angst, ihr müsst das Schreiben nicht ganz allein aufsetzen und nach der richtigen Formulierung suchen. Einen Musterbrief mit vorformulierten Sätzen zum Runterladen findet ihr unten auf dieser Seite.  Dieses Schreiben gibt es übrigens in zwei Varianten: Es gibt nämlich noch einen triftigen Grund, warum ein Vertrag ungültig sein kann. Und zwar wenn der, der den Vertrag angeblich abgeschlossen hat, noch minderjährig ist.

*Verträge mit Minderjährigen sind ungültig*
Grundsätzlich ist es so, dass Minderjährige nur im Rahmen ihres Taschengeldes wirksam eigene Verträge abschließen können. Kostenpflichtige Abonnements, wie zum Beispiel ein Jahresvertrag für einen kostenlosen SMS-Service, müssten Eltern erst genehmigen. Ist so ein Vertrag ohne Enwilligung der Eltern zustande gekommen, sollten die Erziehungsberechtigten dem Anbieter mitteilen, das der Vertrag nicht genehmigt wurde. (Siehe Musterbrief).

*Nur nicht einschüchtern lassen*
Und noch eines solltet ihr wissen: Habt ihr bereits schriftlich widerrufen und den Vertrag angefochten, lässt sich der Anbieter häufig nicht davon abbringen, weiterhin Mahnungen zu schicken oder mit einem Inkassobüro zu drohen, das die Schulden für den Anbieter eintreibt. Alles meistens heiße Luft. Lasst euch von den Mahnschreiben nicht beeindrucken. Sollte tatsächlich schon ein Inkassobüro eingeschaltet worden sein, solltet ihr euren bisherigen Briefwechsel mit dem Anbieter an das Inkassobüro weiterleiten und darauf hinweisen, dass es sich um eine unberechtigte Forderung handelt. Manche Anbieter kündigen sogar ein gerichtliches Mahnverfahren an. Doch auch gegen ein gerichtliches Mahnverfahren könnte man Widerspruch einlegen. Juristin Iwona Gromek kann aber beruhigen: "Soweit ist es nach unseren Erfahrungen noch nie getrieben worden. Meistens hat es dann mit den einschüchternden Drohbriefen ein Ende."

*Surftipps fürs Netz*
Damit es erst gar nicht zu ungewollten Verträgen, hohen Rechnungen und Drohbriefen kommt, solltet ihr folgende Tipps unbedingt beherzigen:

  • Schaut euch die Seiten im Netz, die mit Gratisangeboten locken, immer ganz genau an. Nicht jeder Anbieter von kostenlosem Service ist unseriös. Doch lassen sich solche Dienstleister im Web auf den ersten Blick nur schwer voneinander unterscheiden. Bevor ihr euch auf einer Online-Seite anmeldet, studiert genau die Bedingungen des Seitenbetreibers. Wichtige Hinweise, auch zu Kosten, finden sich in den so genannten "AGB" (Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das ist mühsam zu lesen, aber schließlich stimmt ihr bei Vertragsabschluss diesen AGB zu!
  • Häufig sitzen dubiose Online-Anbieter im Ausland. Dann kann es auch mit der Reklamation schwierig werden. Werft mal einen Blick in das "Impressum". Hier muss der Name und der Sitz der Firma mit Adresse stehen. Ist dort nur ein Postfach angegeben, ist das ein schlechtes Zeichen.
  • Manchmal locken die Anbieter mit Gewinnspielen. Vorsicht: Die Preise sollen häufig von den wahren Kosten ablenken. Schaut euch immer die Vertragsbedingungen an. Ist dort vielleicht die Rede von Mindestlaufzeiten oder Kündigungsfristen? Das ist meist ein Hinweis auf einen Vertrag.
  • Beweise sichern: Einmal ins Visier geratene Anbieter können schnell das Seitenlayout ändern. Wer einen Ausdruck der Ursprungsseite macht, hat später bessere Karten. Druckt euren E-Mail-Kontakt aus. So könnt ihr auch später beweisen, dass der Anbieter euch möglicherweise nicht ordnungsgemäß über eure Rechte und andere Vertragsbedingungen aufgeklärt hat.
  • Seid vorsichtig mit persönlichen Daten. Ihr solltet immer genau wissen, wem ihr Namen, Adresse oder Bankdaten anvertraut.

Dieser Artikel wurde uns von "checked4you", dem Jugendmagazin der Verbraucher-Zentralen NRW, zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Autorin / Autor: checked4you - Stand: 3. September 2008