Rauslassen statt dauergrübeln
Studie zeigt, dass Wut am Arbeitsplatz die Zusammenarbeit stärken kann
Wut am Arbeitsplatz – findet ihr, dass das ein absolutes No-Go ist, oder darf sie Platz bekommen? Mit dieser Frage beschäftigte sich eine Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart und kam zu dem Schluss: Wut am Arbeitsplatz kann überraschend positiv sein. Über zwei Wochen hinweg befragten die Forschenden 214 Angestellte in zehn unterschiedlichen Branchen dreimal täglich zu ihren Erfahrungen mit Ärger, ihrem Umgang damit und zu ihren Arbeitsergebnissen.
Im Gegensatz zur weit verbreiteten Annahme, dass Wut unproduktiver macht, fanden die Forschenden, dass es darauf ankommt, wie wir mit Wut umgehen und wie gut sozial eingebunden sich Angestellte fühlen.
Ärger an sich sei kein Produktivitätskiller, so Studienleiter Dr. Robin Umbra. "In den 1.611 Momentaufnahmen konnten wir keinen direkten Zusammenhang zwischen Ärger und kognitiver Energie oder Produktivität feststellen. Ärger bleibt neutral, bis wir entscheiden, wie wir damit umgehen.“
Menschen, die ihren Ärger konstruktiv angehen und offen und respektvoll die Ursache ihres Unmuts ansprechen würden, könnten die Energie, die durch Wut freigesetzt wird, produktiv nutzen, ergänzt Prof. Dr. Ulrike Fasbender. So gelinge es ihnen oft, Konflikte zu lösen und Arbeitsziele effektiver zu erreichen. Diesen Ansatz bezeichnen die Forschenden als „konfrontative Bewältigung“.
Andere wiederum neigen dazu, ihren Ärger still in sich hinein zu fressen oder immer wieder über eine Situation nachzugrübeln, ohne aktiv eine Lösung zu suchen. Dieses „grübelnde Bewältigen“ führe häufig zu Erschöpfung, Konzentrationsproblemen und einem Rückgang der Produktivität.
Zusammengehörigkeitsgefühl als Voraussetzung
Ein entscheidender Faktor sei die Einbindung ins Team: Jene, die ein ausgeprägtes „Wir-Gefühl“, also Zusammenarbeit und Zugehörigkeit erleben, gehen tendenziell anders mit Wut bzw. deren Bewältigung um. Sie nutzen die Energie dieser Emotion häufiger als Antrieb, um die Teamarbeit zu verbessern und gemeinsame Ziele zu erreichen, so die Forschenden. „In vertrauensvollen Teams kann Ärger Probleme sichtbar machen und als Motivationsfunke dienen“, so das Resümee von Dr. Umbra. Dies gelte auch für eher grüblerisch veranlagte Menschen.
Aus Sicht der Forschenden sollte deshalb der Umgang mit Wut und anderen Emotionen am Arbeitsplatz in Unternehmen überdacht werden. „So könnten Mitarbeitende geschult werden, Ärger frühzeitig zu erkennen und gezielt in positive Energie umzuwandeln“, sagt Dr. Umbra. „Statt Gefühle zu unterbinden, sollten Führungskräfte genau hinsehen, die Emotionen anderer erkennen, darauf reagieren und auch das Wir-Gefühl stärken. Dann wird Ärger zur Informationsquelle statt zum Risiko.“
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Autorin / Autor: Redaktion