Pfui Spinne, Teil 2

Spinnen als Vorbilder für die Forschung

Du Mensch spinnst ja!

In letzter Zeit hat man die Spinne als optimales Forschungsobjekt entdeckt. So haben z.B. Kölner ForscherInnen festgestellt, dass Menschen und Spinnen mehr gemeinsam haben, als ArachnophobikerInnen lieb sein dürfte. Spinnen sind eine sehr alte Spezies und haben wahrscheinlich noch am ehesten ähnliche genetische Eigenschaften wie Mäuse, Fische oder eben Menschen. Einzelne Körperteile der Spinne entwickeln sich ähnlich wie Vorläuferstrukturen der menschlichen Wirbelsäule. Noch fehlen eindeutige Beweise für diese Annahme, aber es wird intensiv daran geforscht. In anderen Forschungsrichtungen ist man da weiter: da Spinnen ausgesprochen sensibel sind - wer hätte das gedacht! - gelten sie als "Indikatortiere". Sie reagieren sofort auf Veränderungen ihres Lebensraumes. Die Wespenspinne z.B. war bis vor wenigen Jahrzehnten ausschließlich im Mittelmeergebiet anzutreffen. Die Tatsache, dass sie sich immer weiter nach Norden weiterverbreitet, erhärtet die These der fortschreitenden Klimaerwärmung. Kafka, der 1883 geboren ist, hätte also gerade Urlaub im Süden machen müssen, um ihre Bekanntschaft machen zu können...

Das Netzwerk

Das Netz der Spinne - z.B. im frühen Morgentau betrachtet - ist atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes auch für ihre Opfer. Am bekanntesten sind die Radnetze, wie sie auch die Wespenspinne (und z.B. auch die Kreuzspinne) webt. Die Spinne spannt eine Brücke zwischen zwei Punkten. Der Brückenfaden ist der wichtigste Faden, von dem aus sich die Spinne bewegt und in ihr Versteck verzieht. Von der Brücke ausgehend, spinnt sie dann einen Rahmenfaden, sodass ein Y entsteht. Von dessen Mittelpunkt zieht die Spinne mehrere Speichenfäden. Dann produziert sie, wieder vom Mittelpunkt aus, eine kreisrunde Nabe, die dann den stabilen Netzmittelpunkt bildet. Über ein kurzfristig gebautes Hilfsnetz entstehen schließlich die restlichen Speichen. Die Spinne misst das Netz mit ihren Beinen aus - sie zupft, zieht und webt, bis Fäden und Netzspannung ideal sind und befestigt das Bauwerk regelmäßig mit Seidenleim. Die meisten Spinnen weben ein Netz, um Beute zu machen - aber es gibt auch Lauerjäger wie z.B. die "Falltürspinnen" und Jagdspinnen wie die Springspinne.

Spinnenseide - wie aus Stahl

So unterschiedlich die verschiedenen Spinnenarten sind, so verschiedenartig sind auch die Netze der Webspinnen. Für alle Netze gilt aber: sie sind dezent und fragil, gleichzeitig aber auch elastisch und reißfest. Die Spinne produziert aus körpereigenem Proteinen wertvolle Seide - die Industrie würde es ihr gern im großen Stil nachmachen, denn der Faden ist fünfmal so stabil wie Stahl, dehnbarer als Nylon und wasserfest. Mittlerweile ist man fast soweit, auf einigermaßen rentable Weise den Spinnenfaden zu imitieren. Allerdings macht man das mit Hilfe von Gentechnik. Der Vorteil von diesem sogenannten "Biosteel": es ist nicht nur so reißfest wie der echte Faden, sondern auch biologisch abbaubar. Und das Spinnenprotein erzeugt - soweit bekannt - keine allergischen Reaktionen. Man könnte z.B. in der Medizin Operationswunden damit nähen oder eine biologisch abbaubare Angelschnüre herstellen. Auch ArchitektInnen und IngenieurInnen nahmen die Spinne als Vorbild: die Statik eines Spinnennetzes war z.B. Vorbild für das Müncher Olympia-Stadion. Es gibt jede Menge weitere Beispiele für Bereiche, in denen die Spinne ein wichtiges Untersuchungsobjekt ist bzw. Vorbildcharakter hat. In der Computerwelt sind die Spinnen zumindest Namensgeber - etwa für den DOS-Browser "Arachne" oder für "Spider". Spider sind Computerprogramme, die das Internet ständig auf neue Websites und Informationen durchsuchen - wie Spinnen, die unermüdlich auf der Suche nach Futter sind...

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Autorin / Autor: Astrid Reinberger - Stand: 15. Juli 2003