Reise in den Iran

Eine Fotografin erzählt

*Foto:* Zwei Iranerinnen, Ausflug ins Alborz-Gebirge, Teheran

Martina Pump ist 36 Jahre alt, lebt in Köln und ist Fotografin.

*Berufsziel Fotografin?*
Eine Entscheidung, die ich erst spät getroffen habe: eigentlich bin ich Ethnologin, wollte ursprünglich promovieren und als Lehrende+Forschende an der Universität bleiben. Dort lag der Fokus aber zu sehr auf dem theoretischen Arbeiten, was mir zu einseitig wurde. Vor 9 Jahren, noch während meines Ethnologie-Studiums, kaufte ich gebraucht meine erste "richtige" Kamera (Spiegelreflex) und fing so an mit dem Fotografieren - während einer Reise nach New York (hört sich kitschig an, war aber wirklich so...). Damals fotografierte ich noch am liebsten Architektur. Nach meinem Studium machte ich Praktika bei zwei verschiedenen Fotografen in Köln und lernte so die technische Seite der Fotografie: Umgang mit unterschiedlichen Kameraformaten, Blitzanlagen, Licht setzen etc. Eigentlich wollte ich mich dann irgendwann einfach als Autodidaktin selbständig machen. Während meiner Zeit als Assistentin kam dann langsam der Wunsch nach einer auch inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Fotografie auf und ich begann mich für ein Fotografie-Studium zu interessieren. Ich bewarb mich und wurde von der Fachhochschule Bielefeld angenommen. Dort verlagerte sich mein fotografischer Schwerpunkt von der Architektur hin zum Menschen, zur Reportage, zum Dokumentarischen. Im Sommer/Herbst 2003 reiste ich für zwei Monate in den Iran, um dort für meine Diplomarbeit zu fotografieren.

*Getrennte Welten*
Der Iran ist seit der islamischen Revolution 1978/79 ein sehr isoliertes Land. Die meisten Menschen haben eine eher negative Vorstellung vom Iran, was natürlich auch daran liegt, dass unser Bild vom Iran sehr stark von der eher einseitigen Berichterstattung unserer Medien geprägt ist. Ich wollte mir ein eigenes Bild von diesem Land, den Menschen und ihren Lebensbedingungen dort machen. Im Iran herrscht eine Trennung zwischen den Geschlechtern, Männer- und Frauenwelten sind getrennt, es ist sehr schwierig Kontakt mit dem anderen Geschlecht zu haben, außer man ist verwandt miteinander. Als Frau steht mir natürlich die Welt der Frauen offen, als ausländische Frau allerdings auch die Männerwelt. Der Iran ist eine islamische Republik -­ eine Trennung zwischen Staat und Religion besteht also nicht. Die Gesetzgebung, wie etwa im Familienrecht, die Geschlechtertrennung oder die Verschleierungspflicht für Frauen, werden durch den Koran legitimiert. Hier ist vieles davon abhängig, wie der Koran interpretiert wird -­ und damit aber auch, von wem und mit welcher Intention diese Interpretation vorgenommen wird. Insbesondere Frauen, für die viele Einschränkungen gelten, bewegen sich häufig in einem Spannungsfeld zwischen den Traditionen einer zu ihrem Nachteil ausgelegten Religion und einem "modernen" Leben mit einer zeitgemässen Auffassung des Islam, der auch Frauen Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zugesteht.

*Reisevorbereitungen*
Im November 2002 begann ich, meinen Aufenthalt im Iran zu planen. Ich habe mich über die Geschichte und die aktuelle politische Situation im Iran informiert, habe sozialwissenschaftliche Bücher über die Situation der Frauen gelesen. Ich nahm Kontakt zu einigen in Deutschland lebenden Exiliranern auf, um aus ihrer Sicht etwas über die Lage im Iran zu erfahren. Ursprünglich wollte ich Ende März 2003 in den Iran fliegen; das Ganze verschob sich letztendlich um 4 Monate, so dass ich meine Diplomprüfung um 1/2 Jahr verschieben musste, da es sehr schwierig war, ein Visum für 2 Monate zu bekommen, zumal ich nicht in einer Reisegruppe einreisen wollte, sondern allein.

Mein erster Visum-Antrag wurde abgelehnt, ohne dass Gründe dafür genannt wurden. Daraufhin nahm ich Kontakt zur Kulturabteilung der Iranischen Botschaft in Berlin auf, und bat um Unterstützung, die ich auch bekam, nachdem ich ein Treffen mit dem Kulturrat hatte, bei dem ich ihm mein Projekt vorstellte und ihm Bilder aus meinen Arbeiten zeigte. Nach langem Hin und Her - ich rechnete fast täglich mit dem Visum und meiner Abreise - bekam ich nach fast 4 Monaten endlich das ersehnte Visum und konnte nach Teheran fliegen.

*40 Grad und Socken*
In Teheran war ich insgesamt 5 Wochen. Dort lebte ich bei einer religiösen Familie, die mir der iranische Kulturrat aus Berlin vermittelt hatte: Solmaz (29) hatte gerade ihr Architekturstudium abgeschlossen, arbeitet aber nicht, ihre 10jährige Tochter Sarah und ihr Ehemann Modjtaba (39). Modjtaba führt zusammen mit seinem Bruder einen Stoffgroßhandel im Teheraner Basar.
Als Frau muss man sich den herrschenden Kleidungsvorschriften unterwerfen (wenn man mit Iran Air fliegt, gilt diese schon beim Betreten des Flugzeuges in Deutschland): Kopftuch, Kleidung, die die Arme bedeckt und am besten auch die Knöchel; Oberteile sollten nicht eng sein und auf jeden Fall den Po bedecken, kein Ausschnitt. Sandalen ohne Strümpfe gehen, werden dennoch oftmals als ein Ärgernis wahrgenommen, bei offiziellen oder formellen Terminen sind nackte Füsse tabu, auch bei 40 Grad. Auf der Straße sieht man viele Frauen im schwarzen Tschador, aber auch viele eher lässig gekleidete Mädchen und Frauen, die farbenfrohe Kopftücher, Hosen und Manteaux (langärmelige Oberteile, die bis zu den Oberschenkeln oder Knien gehen, teilweise tailliert). Letztes Jahr war hellblau und rosa total in. Je nachdem in welchem Stadtteil man sich befindet, sieht man eher Tschadorträgerinnen oder modern gekleidete Frauen. Im Süden Teherans leben eher arme und sehr religiöse Menschen, dort kann es dann vorkommen, dass modern gekleidete Frauen beschimpft werden, dass sie nicht im Hejab gekleidet sind (Hejab bezeichnet die korrekte "islamische" Kleidung.

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Autorin / Autor: Astrid Reinberger, Martina Pump - Stand: 18. August 2004