Armselige Angstbeißer

Ungebildet, unterbelichtet, ungeliebt: Skandal-Rapper

Deutscher HipHop von Gruppen wie den Fantastischen Vier oder Fettes Brot ist echt cool: Nette Jungs, freundliche Familienväter, sozial und politisch engagiert. Nicht nur in ihren Texten, die zumeist ein sozialkritisches Zwinkern und auch oft eine Portion Humor enthalten. Aber deutscher HipHop hat auch eine andere Seite, eine hasserfüllte, niveaulose Seite. Dafür stehen Rapper wie Sido, der es bis auf wenige zweifelhafte TV-Auftritte vorzieht, das eigene Gesicht hinter einer hässlichen Maske zu verbergen. Und dahinter schaut scheu ein viel zu sanft wirkendes Klein-Jungen-Gesicht. Ohne Maske wirkt Sido in der Tat sehr lächerlich. Er trimmt sein Image auf Gangster und unnahbar. Und er ist nicht allein. Andere Rapper wie Fler, Bushido, Frauenarzt oder King Orgasmus tun es ihm gleich. Sie singen von Gewalt, Rassenhass und davon, es Frauen, die durchweg verachtend tituliert werden, mal so richtig zu besorgen. Sido beschreibt in einem Song sogar detailliert, wie er ein 13-jähriges Mädchen vergewaltigte. Zwar behauptet der erwachsene Mann heute, dass er zum besungenen Tatzeitpunkt selbst 13 Jahre alt gewesen sein will, aber aus dem Mund eines 24-Jährigen klingt das wenig glaubhaft.

Aufruf zum Mord an Frauen!

Und die Skandal-Rapper gehen sogar noch weiter. Mord an Frauen als Erziehungsmaßnahme ist für sie nur fair: "Ich sag dir, bring sie um, die Frau..." heißt es in einem Lied, das indiziert wurde. Böse Folge: Die zumeist minderjährigen männlichen Fans nehmen die Worte ihrer Musik-Idole teilweise ernst. So berichten zahlreiche Lehrer, dass derbe Beschimpfungen von Mädchen seither spürbar zunähmen. Höchste Zeit, einzugreifen. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) hat zahlreiche Indizierungsverfahren zu bearbeiten, die meisten davon mit Erfolg. Die Gesellschaft diskutiert. Auch mit den Rappern. Aber Appelle an Gewissen, Aufrufe an die Rapper, eine Verantwortung über die Botschaft ihrer Lieder zu übernehmen, all das verpufft in der endlosen Weite verkiffter Gehirnwindungen. Oder die Rapper antworten mit Hohn: "Nutte" sei keine frauenfeindliche Beschimpfung, weil sie die Rapper auch untereinander verwenden. "Jemanden abzustechen" heiße keineswegs, zu töten, sonderlich lediglich "zu pieksen", so Fler in einem HipHop-Magazin. Nee, ist klar. Weiß das wirklich jeder?

Sie sind selbst die Opfer...

Appelle hin und her: Was will man auch erreichen in Herzen, die verschlossen, welk und abgestorben sind? Davon ist leider auszugehen. Die jungen Rapper sind größtenteils selbst Opfer. Denn tatsächlich stammen die meisten von ihnen aus solch instabilen sozialen Milieus, von denen sie singen. Immer noch ist ihr Handeln, Denken und Fühlen (so fern vorhanden) von den unmenschlichen Regeln dieser Milieus und Subkulturen beherrscht. Fler und Co haben von klein an Gewalt am eigenen Leib und der eigenen Seele kennen gelernt. Und sonst nichts. Man muss nicht einmal eine Hobby-Psychologin sein, um zu erkennen, dass da jegliches Mitgefühl stirbt. Da stirbt auch jede Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln oder gar über dessen Wirkung zu übernehmen. Die kleine armselige Welt dieser Skandal-Rappern besteht aus Hass, Unverständnis, brutaler Grenzenlosigkeit und einer naiven Selbstverleugnung. Sie sind unreife, sehr dumme, egoistische Jungs in viel zu alten Körpern. Man sollte Mitleid haben. Wie schrecklich muss das Leben von jemanden sein, der zugedröhnt das absolute Hochgefühl im gewaltsam vollzogenen Sexualakt mit einem kleinen Mädchen findet?

... und ihr Leben ein Nichts

Reduziert man das Leben dieser Rapper auf das Prägendste, dann bleibt nicht viel: Wenig Bildung, dafür um so mehr Drogen, Kriminalität, Gewalt und Verwahrlosung. Keine Liebe. Kein Respekt. Keine Anerkennung. Kein Wert. Wer keinen Wert für sich selbst empfindet, kann ihn auch nicht für andere empfinden. Um alle dieser Niveaulos-Rapper über einen Kamm zu scheren, so wie sie es mit den Frauen tun: Sie sind Angstbeißer. Aber: Auch Angstbeißer sind gefährlich. Und hier liegt ein erhebliches Risiko für unsere Gesellschaft.

Zensur und Therapie dringend empfohlen!

Darum sollten ihre Lieder nicht nur indiziert werden. Denn eine Indizierung bedeutet, dass die Platten auch weiterhin zu haben sind. Für Erwachsene. Aber auch Erwachsene lassen sich davon beeinflussen. Und das macht mir als Frau Angst. Ich will in einer toleranten, freien und sicheren Gesellschaft leben. Und: Ich fühle mich von diesen Texten und ihrer Wirkung bedroht. Eine tolerante und freie Gesellschaft kann es nicht zulassen, dass die Hälfte ihrer Mitglieder von gewaltbereiten, hasserfüllten Männern bedroht wird. Eine Zensur fände ich daher richtig. Denn diese Texte haben nichts mit Meinungsäußerung zu tun. Die findet ihr Ende sowieso in den gesetzlich gesteckten Grenzen. Und wer zum Mord an Frauen als reine Erziehungsmaßnahme aufruft, der hat sein Recht auf freie Meinungsäußerung verwirkt. Stattdessen sollte lieber eine Pflichttherapie erfolgen. Aber auch die Politik ist gefragt: Kinder aus sozial instabilen Milieus müssen gefördert und vor einer seelischen Verwahrlosung geschützt werden. Stadtteile, die zu Ghettos verkommen, müssen saniert, kulturell und bildungspolitisch belebt werden. Staat und Gesellschaft müssen mit allen Kräften zusammen wirken, damit sich in auch dem leersten Kopf ein gleichberechtigtes und emanzipiertes Frauenbild verankert.

Autorin / Autor: Tina Groll - Stand: 6. September 2005