Eigentlich eine Nummer zu groß

Draco bekommt die Chance, selbst der Auserwählte zu werden

Ein Schüler hat jedoch keine Zeit für Spiel und Spaß: Draco Malfoy bekommt von Lord Voldemort höchstpersönlich den Auftrag für eine bedeutende Mission von größter Tragweite, eine Aufgabe, die für den jungen Draco eigentlich eine Nummer zu groß ist, aber dennoch willigt Draco sofort ein, weil er den erhofften Ruhm zum Greifen nahe sieht: In seinen Augen erreicht er damit endlich den Status, der ihn mit seinem Erzrivalen Harry Potter auf eine Stufe stellt.

Wie bisher spielt Tom Felton den Draco Malfoy: „Draco war immer neidisch, weil Harry im Rampenlicht steht und in der Welt der Zauberer als ,Auserwählter‘ gilt. Jetzt bekommt Draco die Chance, selbst der Auserwählte zu werden, und zunächst ist er sehr stolz auf diese Auszeichnung. Wahrscheinlich fühlt er sich dadurch endlich erwachsen, denn sein Vater ist in Askaban inhaftiert – jetzt muss Draco den Familiennamen reinwaschen. Er will Voldemort beweisen, dass er der Aufgabe gewachsen ist, aber vor allem möchte er seinen Vater stolz machen.“

Dass Draco erwachsen wird, sieht man auch an seiner Kleidung. Er trägt nicht mehr die Schuluniform, sondern einen schwarzen Anzug und sogar den Spazierstock seines Vaters. „Er ist der Sohn seines Vaters und kleidet sich entsprechend“, kommentiert Temime. „Wir wollen damit zeigen, dass er sich bereits von Hogwarts abnabelt.“

Wie dem auch sei – Draco hat eine derart grausige und riskante Aufgabe übernommen, dass seine Mutter Narcissa Malfoy den Zorn des Dunklen Lords in Kauf nimmt, indem sie Severus Snape zu Hause aufsucht und ihn bittet, ihrem Sohn bei der Durchführung zu helfen. Die Rolle der aristokratischen Matriarchin der Malfoys übernimmt Helen McCrory: „Draco bekommt einen unglaublich gefährlichen Auftrag, und sie hält ihn einfach nicht für fähig, diese Aufgabe zu meistern. Deswegen verrät sie die ihrer Meinung nach gute Sache, um die Sicherheit ihres Sohnes zu gewährleisten. Sie ist schlicht verzweifelt. Insgeheim ist sie wohl richtig wütend auf Voldemort – denn es ist eine Sache, Loyalität zu verlangen, aber eine ganz andere Sache ist es, das Leben ihres Sohnes zu fordern. Narcissa gehört zwar ins Lager der Bösewichte – aber eine gute Mutter ist sie trotzdem.“
Begleitet wird Narcissa von ihrer Schwester, der bösartigen Todesserin Bellatrix Lestrange. Bellatrix beharrt darauf, dass es für Draco eine große Ehre ist, vom Dunklen Lord um die Ausführung seiner Pläne gebeten zu werden – gleichzeitig macht sie kein Hehl daraus, wie sehr sie Snape misstraut. Als Snape Narcissa zusichert, er werde ihrem Sohn helfen, stellt Bellatrix ihn auf die Probe, indem sie ihn zwingt, den Unbrechbaren Schwur zu leisten. In der Rolle der Bellatrix Lestrange ist erneut Helena Bonham Carter zu sehen. Sie bemerkt dazu: „Wahrscheinlich verachtet Bellatrix Snape und die anderen, weil sie dem Dunklen Lord bedingungslos ergeben ist. Sie hält sich für Voldemorts Favoritin, weil sie nach Askaban gegangen ist und ihm beigestanden hat, als er verschwand, während sie Snape für einen Feigling hält, der sich mit keiner der gegnerischen Parteien anlegen will.“

Bellatrix genießt ihre Freiheit, sie fühlt sich durch Voldemorts Rückkehr bestätigt und ermutigt – auf ihren tödlich-zerstörerischen Streifzügen verbreitet sie in der Welt der Zauberer ebenso wie in der Muggel-Welt Angst und Schrecken. Zusammen mit dem berüchtigten Werwolf Fenrir Greyback (Dave Legeno) und anderen Todessern ist sie dafür verantwortlich, dass von der beliebten Winkelgasse der Zauberer nur Schutt und Asche übrig bleiben. Besonders gern nimmt sie neben Harry Potters besten Freunden, vor allem den Weasleys, auch Harry selbst aufs Korn – sie verhöhnt ihn, weil sie seinen Paten Sirius Black ermordet hat.

„Sie hat pyromanische Anwandlungen“, berichtet Bonham Carter und spielt damit auf das Schicksal an, das sie für das Haus der Weasleys ausersehen hat, als sie mit Greyback zu Weihnachten unangemeldet dort aufkreuzt und Unheil stiftet. „Jetzt, wo der Krieg richtig begonnen hat, kann sie so anarchisch und boshaft vorgehen, wie es ihr in den Kram passt. Sie ist wirklich eine entfesselte Furie, sie schnappt total über: Bellatrix kennt keine Kompromisse – was mir an dieser Rolle besonders Spaß macht.“ Während Bellatrix und ihre Kumpane für Chaos sorgen, schleicht Draco durch die Burg und experimentiert mit dem geheimnisvollen Verschwindekabinett innerhalb des Raums der Wünsche, der völlig anders aussieht als im vorigen Film. „Es liegt in der Natur des Raums der Wünsche, dass er entsprechend den Wünschen jedesmal ganz anders wirkt“, stellt Craig fest. „Die Bausubstanz bleibt dieselbe mit der gewaltigen Kuppeldecke, aber thematisch gestalten wir ihn diesmal wie eine riesige Lagerhalle.“ Die bis unter die Decke gestapelten Möbel und sonstigen Gegenstände schaffen die perfekte Umgebung, in der man sich tarnen oder etwas verstecken kann … wie gewünscht. Wie Dracos Mutter befürchtet hat, kann der junge Zauberer die große Verantwortung für seine Mission nicht ertragen. „Er ist eben doch nicht so stark, wie er geglaubt hat“, bestätigt Felton. „Bisher ist er immer sehr selbstbewusst und frech aufgetreten. Doch jetzt merken wir, dass er viel schwächer ist, als er jemals zugegeben hätte. Mir gefällt besonders, seine verletzliche Seite herauszuarbeiten.“

„Draco wollte immer im Mittelpunkt stehen“, sagt Yates. „Er will der Auserwählte sein, über den jedermann spricht. Er will berühmt werden durch die grausige Mission, auf die Voldemort ihn schickt. Doch er hält dem Druck nicht stand – wir erleben, wie er daran zerbricht … Tom hat das ebenso begeistert gespielt, wie ich es inszeniert habe.“
„Im Verlauf der Handlung erleben wir, wie Draco langsam einknickt“, bestätigt Heyman. „Er ist erst 16 oder 17 und übernimmt eine äußerst finstere Aufgabe. Entspricht sie seinem Wesen? Bisher hätten wir das immer geglaubt. Doch stimmt das wirklich? Da bin ich mir nicht so sicher. Draco Malfoy war immer der Gegner, der sprichwörtliche Bösewicht … im Grunde ist er ein kleiner Dummkopf. Aber allmählich merken wir, dass hinter der selbstbewussten, arroganten Fassade ein zerbrechlicher, unsicherer Charakter steckt – was bei Rowdys ganz oft der Fall ist. David Yates legt größten Wert darauf, jede Figur in ihrer ganzen Komplexität zu zeigen, egal ob es sich um die Guten oder die Bösen handelt. Es gelingt ihm zusammen mit Tom ganz hervorragend, Malfoys menschliche Seiten auf seinem Weg auszuloten.“ „Ich arbeite sehr gern mit Tom“, sagt Yates. „Er stürzt sich leidenschaftlich auf seine Rolle, und in diesem Film zeigt er eine wirklich außergewöhnliche Leistung.“

Malfoys Verhalten fällt Harry Potter auf, der immer mehr davon überzeugt ist, dass sein Erzrivale inzwischen ein ausgewachsener Todesser ist, obwohl Ron und Hermine ihre Zweifel anmelden. Die Beziehung zwischen Harry und Draco Malfoy ist von herzlicher Abneigung geprägt, aber Ron und Hermine können sich nicht vorstellen, dass Draco so weit gehen würde. Radcliffe berichtet: „Harry ist ganz sicher, dass Malfoy senior ein Todesser war – warum also nicht auch sein Sohn? Er beginnt Malfoy nachzuspüren, um herauszubekommen, was der im Schilde führt.“ Als Harry Malfoy in die Enge treibt, kommt es zu ihrer ersten wahrhaft körperlichen Auseinandersetzung. Obwohl sich Harry und Draco nie ausstehen konnten, „war unsere Beziehung vor allem durch große Sprüche geprägt – zu physischer Gewalt hat das nie geführt“, sagt Felton. „Diesmal geraten wir sehr viel heftiger aneinander, um es vorsichtig auszudrücken.“ Abwechselnd setzen sie Zaubersprüche ein, bis Harry mit einem mächtigen, potenziell tödlichen Fluch zum vernichtenden Schlag ansetzt. Diesen Fluch hat er vom Halbblutprinz gelernt.

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