kaltherz - Teil 3

von Moira Frank

„Wir kriegen übrigens jeden Moment Verstärkung. Über die Hinterhöfe kann er nicht raus. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn haben.“
Ein Schatten tauchte in ihrem Blickfeld auf, wie aus dem buchstäblichen Nichts. Jelen sah auf. Er war schnell. Er rannte so schnell, wie Laure nie jemanden hatte sprinten sehen.
Etwas schlug wuchtig gegen ihre Brust und ihre Beine. Laure ging zu Boden und riss dabei Jelen mit sich. Jemand brüllte. Regen lief ihr übers Gesicht. Sie lag am Boden und konnte sich nicht bewegen. Sie hörte Schüsse. Schreie.
Es fühlte sich an, als drücke ihr etwas die Brust ein. Sie realisierte, dass sie mitten auf der Straße lag, hinter dem quer stehenden Wagen. Schmerz drückte ihr die Stirn ein. Sie wollte sich zu Jelen umdrehen, aber sie war nicht da. Sie sah einen Mann. Er duckte sich, als Schüsse peitschten und warf sich aus dem Fall zu Boden. Die Welt kippte. Blut durchtränkte feucht und warm ihr Hemd.

Dred tauchte so plötzlich vor ihnen auf, dass Jelen nicht reagieren konnte. Sie wurde mit Laure zu Boden gerissen und zur Seite geschleudert, fand sich halb unter dem Wagen wieder. Ihr Kopf dröhnte. Ihre Dienstwaffe lag auf dem nassen Asphalt.
Dred hat gewartet, dachte sie, er hat die ganze Zeit gewartet.
Sie wollte sich aufsetzen, aber es gelang ihr nicht. Es war, als wäre Nebel in ihrem Kopf. Sie schmeckte Blut. Ihre Zunge war taub. Die Welt schwankte. Laure lag am Boden. Sie sah, wie Dred sich bückte und sie packte.
„Keiner schießt!“, hörte sie jemanden rufen und das Entsichern einer Waffe, metallen und scharf. Dred zerrte Laure von der Straße hoch und schlang einen Arm um ihre Brust. Seine Hand lag an ihrem Kopf. Erst nach einer Weile sah sie die Waffe. Vor ihren Augen verschwamm alles.
„Geht aus dem Weg!“, herrschte eine Stimme. Jelen wusste nicht, wer sprach und wer gemeint war. Sie sah, wie Dred auf sie zukam, Laure mit sich zerrend und erst da begriff sie, dass er den Wagen wollte. Natürlich. Jelen kam mühsam halb auf die Beine. Dred beachtete sie nicht.
„Einer von euch kommt mir zu nah und ihr kratzt sie vom Asphalt!“ Seine Stimme bohrte sich scharf und kalt in ihr Bewusstsein. Mit wild hämmernden Kopfschmerzen begann sie zu kriechen. Ihre Waffe lag vielleicht ein, zwei Meter entfernt auf der regennassen Straße. Dred öffnete mit der freien Hand die Fahrertür. Er stieß sie mit dem Fuß auf und hob Laure mühelos hoch. Jelens Magen krampfte, als er sie mit brutaler Gewalt auf den Beifahrersitz schleuderte. Sie sah vage seinen ausgestreckten Arm.
Er stieg ein.
„Nicht schießen!“, rief wieder jemand aufgebracht. Sie kannte die Stimme. Fox.
Der Motor heulte auf. Der Wagen setzte rückwärts. Jelen warf sich reflexartig zur Seite, ungeachtet des Schmerzes, rollte zweimal ab und kam auf die Knie. Die Reifen quietschten, der Wagen kam auf dem nassen Asphalt ins Schleudern. Jelen bekam ihre Waffe zu fassen, riss sie hoch und feuerte blind. Der Wagen schoss die Straße hinab. Die Rücklichter verschwammen rot vor ihren Augen.
Ihr fiel die Waffe aus den klammen Händen. Jemand drehte sie auf den Rücken...

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Autorin / Autor: Moira Frank - Stand: 26. Juni 2010