Giftiges Naturparadies

Die BewohnerInnen der Arktis leben seit jeher im Einklang mit der Natur. Trotzdem leiden sie weltweit am stärksten unter Umweltgiften und Schadstoffbelastungen.

Die Bewohner der Arktis leiden stärker unter Umweltgiften, als Menschen in Berlin, New York oder anderen Großstädten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Arktischen Überwachungs- und Bewertungsprogramms (AMAP). Im abgelegenen Norden Kanadas, fern ab aller Industrieanlagen sind es Industriegifte, die den Menschen dort zu schaffen machen. Besonders die Angehörigen des Volksstamms der Inuit leiden unter Schadstoffen, die sie selbst niemals verwendet haben. Was auf den ersten Blick paradox erscheint, erklärt sich bei genauerem Hinsehen auf tragische Weise. Über Wind und Meeresströmung gelangen Gifte aus aller Welt in die Lebens- und Jagdgründe arktischer Tiere. Die Folge: Eisbären, Fische, Wale und Seehunde sind hoch belastet. Meeressäuger wiederum bilden das traditionelle Hauptnahrungsmittel der Inuit. Über das Fleisch gehen die Schadstoffe auf die Menschen über. Mittlerweile hat die Giftbelastung Weltrekordniveau erreicht. Die herkömmliche Ernährungsweise der Inuit ist so zum gefährlichen Gesundheitsrisiko geworden.

Gesundheitsschäden für Kinder

Bereits 1989 wiesen Wissenschaftler im Blut der Inuit erstmals so hohe Schadstoffbelastungen nach, wie sie sonst nur nach schweren Chemieunfällen zu messen sind. „Die schleichende Vergiftung hat inzwischen eine Größenordnung erreicht, bei der zu befürchten ist, dass die Zahl der bereits im Mutterleib geschädigten Kinder steigen wird“, befürchtet Patricia Cameron vom Umweltverband WWF. Wissenschaftler vermuten, dass die Belastungen das kindliche Abwehrsystem schwächen und sie anfälliger für Krankheiten werden lassen. Die Chemikalien greifen das Nervensystem und die Gehirnentwicklung an, beeinträchtigen das Wachstum und die Fortpflanzung.

Kampf gegen das Gift

2001 trat eine UN-Konvention zum Verbot der zwölf giftigsten Chemikalien in Kraft, die allerdings von Russland und den USA noch nicht umgesetzt wurde. Doch auch in Europa sind nach wie vor zahlreiche Chemikalien auf dem Markt, deren schädliche Wirkung seit langem bekannt sind. Umweltverbände fordern daher eine Beschränkung dieser Substanzen. „Es ist höchste Zeit,“ so Cameron, „da die Substanzen aufgrund ihrer Langlebigkeit noch viele Jahre nach ihrem Verbot in der Umwelt verbleiben.“

Autorin / Autor: Tina Wilgo - Stand: 2. Oktober 2002