Von Beruf Neonazi

Die rechte Szene wird vielfältiger – und lässt nun ein scheinbar moderneres Frauenbild zu mit dem Ziel, möglichst viele Frauen anzusprechen

Der "Heimat" nur am Herd zu dienen, das war einmal. Für das große Ziel lassen Nazis auch Frauen mitmachen. Immer mehr junge Mädchen drängen in die rechte Szene. Doch statt „Kameradschaft“ erleben viele Gewalt und Unterdrückung.

So wie die 18-jährige Lara (Name geändert), die ein Jahr lang in einer rechten Clique war. Dass das Mädchen mit den rot gefärbten Haaren und dem Piercing „rechts“ war, sieht man ihr nicht an. Sie sieht eher links und alternativ aus. „Wir sahen alle ganz normal aus, keiner hatte kurze Haare“, erzählt sie. Es sei um Spaßhaben gegangen bei den Rechten. Zunächst.

*Über Freunde und Geschwister in die Nazi-Szene*
Ihr Einstieg in die rechte Szene war eher der übliche. Ein Großteil der Frauen kommt über ihren bereits rechts orientierten Partner in die Szene. Doch das scheint immer mehr zum Klischee zu geraten, sagt die Rechtsextremismusexpertin Renate Feldmann. Die Pädagogin hat erforscht, dass Mädchen noch viel öfter durch ihre Freundinnen und Geschwister mit den Neonazis in Kontakt kommen. Ähnlich war es auch bei Lara. Sie wuchs in einem Dorf in Niedersachsen auf, wo rechte Ansichten bei den Jugendlichen recht verbreitet waren. Auf einer Party lernte sie rechte Jugendliche kennen – und sie verliebte sich in einen Jungen, der Neonazi war. So rutschte Lara in die Szene. Sie besuchte Rechtsrockkonzerte – und wurde allmählich selbst politisch aktiv. Sie ging zu Neonaziaufmärschen und verteilte sogar Flugblätter. Geglaubt hat sie die menschenfeindliche Ideologie der Rechten nie richtig. „Ich war sehr eigenständig“, sagt sie. Aber auf ihrem Dorf seien rechte Ansichten nun mal sehr verbreitet gewesen.

Die rechtsextremen Einstellungen innerhalb der Gesellschaft nehmen nämlich zu. Das hat der Psychologie Oliver Decker in einer breit angelegten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgefunden. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer kommt zum gleichen Ergebnis: Gerade da, wo Arbeitslosigkeit hoch ist, steigt auch die Fremdenfeindlichkeit. Rechte Ideologien geben einfache Antworten und haben einfache Lösungen parat. Einheit statt Vielfalt, keine Gnade statt Toleranz, eine klare Hierarchie – die Frauen haben das zu tun, was die Männer befehlen.

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Autorin / Autor: Tina Groll, - Stand: 5. Februar 2008