Müdigkeit hat keine Chance

Heute wird von den Jugendlichen gelernt

Nach einer kurzen Begrüßung geht es schon los. Wir teilen uns in drei Arbeitsgruppen auf. „Schule“, „Ausbildung“ und „Freizeit“ - für eine Arbeitsgruppe muss ich mich entscheiden. Ich stehe vor drei riesigen Türen – jede führt in einen Arbeitsraum, jede zu einem spannenden Thema. Ich entscheide mich für die mittlere Tür: „Ausbildung und Integration“. Müdigkeit hat keine Chance, der Moderator Christian Stahl kommt gleich zur Sache: „Heute drehen wir die Rollen um. Heute lernen wir, die wir sonst Experten sind, von euch Jugendlichen.“ Er fragt nach unserer Lebensplanung und den Traumberufen, die wir hatten, als wir Kinder waren: Wikinger, Feuerwehrmann, Rockstar – die Kinderträume sind so unterschiedlich, wie die Jugendlichen selbst.

Kinderträume und reale Forderungen

Und was ist uns heute wichtig für eine bessere Integrationspolitik im Bereich der Ausbildung? Mehr Praktika, eine bessere Berufsberatung, gerechte Bewerbungsverfahren und mehr internationaler Austausch – bis zur Mittagspause haben wir viele tolle Vorschläge gesammelt.

In der Pause unterhalte ich mich mit Alicia. „Hier gibt es wirklich viel Diskussionspotenzial, aber wir haben einfach zu wenig Zeit“, sagt die 19-jährige Regieassistentin aus Kaiserslautern. „Es ist wichtig, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Aber Lösungen zu finden, ist schwer“, fügt die 18-jährige Lioba aus Berlin hinzu.

Nach der Pause wollen wir aus unseren Ideen konkrete Vorschläge entwickeln. Gar nicht so einfach, bei fast 30 verschiedenen Jugendlichen aus verschiedenen Umgebungen mit verschiedenen Vorstellungen. Quotenregelungen für Betriebe? Finanzielle Förderung von Jugendlichen? Verpflichtende Praktika? Unterschiedliche Meinungen treffen aufeinander. Kaum haben wir uns verständigt, geht es auch schon weiter. Mit den anderen Arbeitsgruppen fahren wir ins Bundeskanzleramt.

Wiedersehen im Kanzleramt

Als ich durch die hellen Hallen laufe, wird mir klar: Hier werden heute Entscheidungen angeregt, die jeden von uns betreffen. Jugendliche können und wollen etwas bewegen. Zugegeben: Ein wenig wichtig fühle ich mich schon.

Wir treffen die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Maria Böhmer betritt den Saal, geht sofort auf ein paar der Jugendlichen zu und begrüßt sie. „Wir kennen uns vom letzten Jahr! Schön, Sie wiederzusehen.“ Im Mai 2007 hatten die Bundeskanzlerin und die Integrationsbeauftragte erstmals zum Jugendintegrationsgipfel geladen. Die Arbeitsgruppen hießen damals „Sprache und Bildung“, „Integration vor Ort“ und „Kulturelle Vielfalt“. Die Ergebnisse drehten sich um frühe Bildungschancen, eine Kita-Pflicht und um die Förderung unterschiedlicher Kulturen, vor allem an Schulen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickelten die Idee, Partnerschaften zu organisieren. Diese Forderung ist im letzten Jahr schon Realität geworden. An einigen Schulen gibt es Lesepartnerschaften, um junge Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund für Literatur zu begeistern. Nur ein Beispiel, das zeigt: Die Politik nimmt uns ernst.

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Autorin / Autor: Shirine Issa - Stand: 7. Mai 2008