Von wegen Wutbürger

BUND: 2010 war das Jahr des fantasievollen Widerstands

"2010 war nicht das Jahr des so genannten Wutbürgers. Es war ein Jahr demokratischer und phantasievoller Bürgerproteste gegen Fehlentscheidungen wie die Aufkündigung des Atomausstiegs oder die Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter die Erde." Dieses Fazit zieht Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in einer Rückschau auf das Jahr 2010. Für das kommende Jahr erwartet er zwei Hauptthemen, an denen der BUND arbeiten wird: Die Anhebung der Ziele zur CO2-Minderung sei ebenso dringend erforderlich wie eine stärker an Umwelt- und Tierschutz orientierte Landwirtschaft. Bei beiden Themen komme der Bundesregierung eine Schlüsselrolle zu. Verweigere sie sich ambitionierten Klimaschutzzielen und blockiere sie die anstehenden Agrarreformen, werde sie ihrer Verantwortung für eine zukunftsfähige Wirtschaftsweise nicht gerecht.

Der isländische Vulkan Eyjafjallajökull und die Wirtschaftskrise hätten mehr zur Reduzierung der globalen Treibhausgase beigetragen als die Umweltpolitik von Kanzlerin Angela Merkel und Umweltminister Norbert Röttgen. In Deutschland seien die CO2-Emissionen im letzten Jahr sogar um etwa 30 Millionen Tonnen gestiegen, sagte Weiger. Die zu starke Abhängigkeit der Industriestaaten von fossilen Rohstoffen habe auch die Explosion der Ölbohrinsel "deep water horizon" und die anschließende Ölkatastrophe im Golf von Mexiko deutlich gemacht.

"Weder die Bundesregierung noch die deutsche Wirtschaft haben die nötigen Lehren aus den Umweltdebatten der vergangenen Jahre gezogen. Strengere Vorgaben zur Verbrauchsminderung für Autohersteller wurden blockiert, Straßen und Autobahnen übertriebenen Verkehrsprognosen hinterher geplant, umweltfreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn vernachlässigt und mit Laufzeitverlängerungs-Geschenken an Atomstromkonzerne der Ausbau der erneuerbaren Energien behindert", sagte Weiger. Zwar seien mit der neuen Abgabe auf Atom-Brennstäbe und der Luftverkehrssteuer erste Schritte beim Abbau umweltschädlicher Subventionen getan, doch in erster Linie nur aufgrund der klammen Haushaltslage. Zu den Erfolgen des Jahres 2010 gehöre, dass das Bundesverfassungsgericht die gentechnikfreie Landwirtschaft geschützt habe, indem es die strengen Regeln zum Schutz vor Verunreinigungen von Äckern mit Gentech-Pflanzen bestätigte.

Die Erfolge

International habe es 2010 ebenfalls einige Erfolge gegeben. Weiger: "Im UN-Jahr der Biodiversität hat sich die Weltgemeinschaft in Japan auf den Abbau umweltschädlicher Subventionen bis 2020 verständigt und Anfang Dezember wurde im mexikanischen Cancun der UN-Prozess für ein globales Klimaschutzabkommen vor dem Scheitern bewahrt. Trotzdem kommt der Klimaschutz nur schleppend voran. Wenn die Industriestaaten nicht endlich mit verbindlichen und strengeren CO2-Minderungszielen aufs Tempo drücken, werden sich Zahl und Ausmaß der vom Menschen verursachten Klimakatastrophen leider noch erhöhen."

Neue Demonstrationen gegen Atompolitik auch 2011

2010 habe auch eine Renaissance der Anti-Atom-Bewegung stattgefunden. Hunderttausende waren für eine zukunftsfähige Energieversorgung ohne Atomkraft auf der Straße. Für 2011 kündigte der BUND-Vorsitzende neue Demonstrationen an: "Wir werden den erstarkten Bürgerprotest gegen die fragwürdigen Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke, gegen Prestigeprojekte wie 'Stuttgart 21' und gegen eine verfehlte Agrarpolitik auch im kommenden Jahr auf die Straße tragen. Schon am 22. Januar veranstalten wir anlässlich der Grünen Woche in Berlin gemeinsam mit einem breiten Bündnis von Umwelt-, Agrar- und Tierschutzverbänden eine große Kundgebung für Gentechnikfreiheit und Agrarreformen. Und wenn sich im April die Tschernobyl-Katastrophe zum 25. Mal jährt, werden wir deutschlandweit zu Protesten gegen die schwarz-gelbe Atompolitik aufrufen."

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Autorin / Autor: Redaktion/ PM - Stand: 27. Dezember 2010