Gemeinsam stürzten wir ab

Wenn jeder Tag sich nur noch um Heroin dreht - Ein Erfahrungsbericht

Die Fluter-Redaktion hatte als Schwerpunkt einer ihrer Ausgaben das Thema Sucht gewählt. Neben gesellschaftlichen Aspekten, werden auch politische Zusammenhänge und wirtschaftliche Hintergründe aufgezeigt. Wir durften freundlicherweise für euch einen Artikel übernehmen, der das Problem aus einer ganz persönlichen Sicht betrachtet...

Auf der Straße richtige Freundschaften zu schließen, ist wahrscheinlich nur eine Illusion. Klar sind da Leute, mit denen man viel zusammen ist, aber Freunde? Man hängt gemeinsam rum, organisiert Kohle und Stoff und macht sich gemeinsam dicht. Meine einzigen Freunde waren meine Ratte und Heroin - die ganzen Leute, alles nur Bekannte, die irgendwann verschwanden, zurück nach Hause, in den Knast, in eine andere Stadt. Immer wenn man sich an jemanden gewöhnt hatte, war er nicht mehr da. Bei den meisten vergisst man bald, dass sie jemals existiert haben, vergisst, wie sie aussahen, selbst den Namen, auch die Leute, die auf der Strecke blieben, die die Straße nicht überlebt haben. Es gab Leute, von denen ich sagte, dass sie meine Freunde sind, doch die Zeit mit ihnen ist vorbei. Nina gehörte dazu.

*Wir hatten vieles gemeinsam*
Auch wenn wir uns nicht auf der Straße, sondern in einer Arztpraxis kennenlernten, in der wir beide substituiert wurden. Wir hatten vieles gemeinsam, beide heroinabhängig und beide keine Ahnung, was wir ohne Heroin - schließlich bekamen wir ja Polamidon und brauchten das Heroin nicht mehr - mit uns anfangen sollten. Wir hatten auf einmal Zeit, in der wir nicht mehr auf der Suche nach Stoff oder Geld waren. Also taten wir uns zusammen und zogen gemeinsam durch die Gegend. Durch Nina lernte ich Berlin erst kennen, das andere Berlin jenseits vom Zoo. Es war eine lustige Zeit, eine gute Zeit. Ich war für Nina da und sie für mich, auch als ich wieder rückfällig wurde. Oft lagen wir einfach nur im Park auf irgendeiner Wiese und träumten von der Zukunft. Dann kam es zum Bruch zwischen der Ärztin und Nina und wir verloren uns aus den Augen, aber immer wenn wir uns trafen, war es, als wenn wir nie getrennt voneinander waren.

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Autorin / Autor: Snoopy/Fluter - Stand: 11. November 2002