Freundschaft - Teil 2

Streiten will gelernt sein..

Wie sollen wir uns streiten?

Wenn ihr euch entschieden habt, der Sache nicht aus dem Weg zu gehen, geht die Arbeit los. Ihr habt euch vorgenommen, nicht aufeinander rumzuhacken, aber schon bald tut ihr es doch und schiebt wieder die ganze Schuld auf eure Freundin: "Du redest nicht mehr mit mir und wenn doch, dann erzählst du die ganze Zeit von deinem neuen Freund. Du bist einfach abgehauen, das verzeih ich dir nie!" "Was willst du eigentlich? Wenn ich dir was erzähle, bist du eifersüchtig und wenn ich dir nichts erzähle, bist du auch sauer! Ich hätte nie gedacht, dass du so gemein sein kannst." Wer von euch kennt solche Drehbücher nicht? Solche Dialoge wären ja nicht weiter schlimm, aber oft hört es danach auf. Die Begegnung bleibt in der Wut stecken, und das tut weh. Wenn ihr euch nicht gegenseitig verlieren wollt, dann springt über euren Schatten und ruft die andere an, wenn die Wut vorbei ist. Danach könnt ihr ehrlich zugeben, dass ihr eine Stinkwut hattet und die andere aber noch genauso lieb habt wie früher. Klingt nach einem Widerspruch, ist aber keiner, denn wenn man jemanden sehr mag, kann man ihn oder sie genau so stark hassen. Das sind Gefühle auf der gleichen Farbpalette, von gleicher Intensität. Sie gehören eigentlich zusammen, denn jedes Gefühl hat auch seine Kehrseite. Das kennt ihr schon von den Glücksgefühlen, die sich oft von einer Sekunde zur anderen in totale Depression verwandeln können, oder?

Wohin mit der Wut?

Und wir sind so angelegt, dass unsere Gefühle - besonders die intensiven - immer hin -und herschwanken, von einem Extrem ins andere, bis wir wieder im Gleichgewicht sind. Das heißt auch, wenn ihr der Wut nachgebt, folgt ihr sehr bald das Mitgefühl. Unser Problem ist nur, dass wir diese doofen Gefühle nicht haben wollen und dann unterdrücken wir sie oder schleudern sie wie Dreck von uns weg, leider trifft es dann ausgerechnet die, die ihr am liebsten habt. Die Wut also rauslassen, aber wie? Haut auf euer Kissen, zerreißt Fotos, zerschlagt Geschirr, das nicht mehr gebraucht wird oder rennt in den Wald und schreit euch die Seele aus dem Leib **g**. Verrückt? Nein, gesund! Denn alles andere schadet nur euch selbst, weil ihr es in euch reinfresst oder eurer liebsten Freundin, wenn ihr es an ihr auslasst.

Distanz oder Annäherung?

Mädchen haben durch ihre Erziehung einen großen Vorteil gegenüber Jungs: da ihr besser über Konflikte sprechen könnt, seid ihr auch schneller in der Lage, aus einer Krise wieder rauszukommen und euch wieder zu versöhnen. Dieses Bedürfnis nach Harmonie ist zwar einerseits eine große Hilfe, aber sie birgt auch Gefahren. Manchmal verdeckt der Wunsch nach Harmonie, dass sich etwas Grundlegendes verändert hat. Es gibt nicht mehr diese Ausschließlichkeit, dieses Gefühl von "wir gegen die ganze Welt". Da ist eine Lücke entstanden. Eure Freundschaft braucht nun eine neue Richtung, eine andere Vertrauensbasis als früher, und die müsst ihr erst zusammen finden. Wenn noch zu viel Eifersucht und Schuldgefühle zwischen euch stehen, wird es sehr schwierig, etwas Neues zwischen euch entstehen zu lassen. Dann kann es manchmal helfen, etwas mehr Distanz zu wahren, damit sich jede wieder auf sich besinnen kann. Wenn ihr Angst davor habt, dass ihr euch dann verlieren könntet, dann geht den Weg der Ehrlichkeit. Erzählt euch viel von euren neuen Erfahrungen, ohne Angst zu haben, dass ihr euch dadurch voneinander entfernt. Seid neugierig aufeinander statt Angst davor zu haben, was ihr verliert. Das was Freundschaften lebendig macht, ist nicht, sich bequem zurückzulehnen, sondern mit den Veränderungen mit zu gehen. Das kann der Beginn einer wundervollen langen Freundschaft werden, die euch wirklich durch dick und dünn begleitet.

Autorin / Autor: ~rosi~ - Stand: 9. September 2003