„Glauben gibt Jugendlichen Selbstvertrauen“

Lizzynet-Reporterin Tina Groll sprach mit einem Bremer Kirchenmann über seinen Beruf, über jugendliche Religiosität und über die Werte und die Rolle der Frau in der katholischen Kirche.

Der katholische Jugend- und StudentInnenpastor Ulrich Högemann (34) ist 24 Stunden am Tag im Auftrag des Herren und für Jugendliche in Bremen unterwegs. Glaube, Liebe und Hoffnung sind für ihn nicht nur leere Phrasen.

*Was macht eigentlich ein Jugendpastor?* Meine Aufgaben sind vielfältig. Sie reichen von Schulseelsorge über Jugendgottesdienste bis zur Begleitung der Firm-Bewerber. Kein Tag ist wie der andere. Feste Arbeitszeiten und eine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben gibt es eigentlich nicht.

*Wie und warum sind sie Jugendpastor geworden?* Dieser Berufswunsch hat sich über Jahre entwickelt. Ich stamme aus einer (...) engagierten christlichen Familie und hatte einen sehr menschlichen Pastor zum Vorbild. Schon als Kind konnte ich mir vorstellen, Priester zu werden. Nach dem Abitur habe ich dann Theologie in Frankfurt und Dublin studiert. Danach verbrachte ich ein Jahr in einer christlichen Gemeinde in Israel bevor ich ins Priesterseminar nach Osnabrück und Hamburg ging. 2002 hat mich der Bischof zum Jugendpastor hier in Bremen ernannt.

*Hatten sie auf ihrem Weg nie Zweifel?* Doch, Zweifel ganz unterschiedlicher Art. Aber der Zweifel ist für mich eher wie ein Motor in meinem Glauben. In solchen Situationen helfen mir Menschen, denen ich vertrauen kann und mir hilft mein Gottvertrauen.

*Sie sprechen von einer neuen Religiosität unter Jugendlichen. Woran machen sie die fest?* Zum einen beobachte ich, dass immer mehr Jugendliche im Alter zwischen 15 und 16 Jahren zur Firmung kommen. Vor zehn Jahren sah der Trend noch ganz anders aus. Auch der Weltjugendtag (WJT) hat gezeigt, wie sehr sich Jugendliche für Glauben engagieren. Ich glaube, es gibt sehr viel Sehnsucht nach Religiosität.

*Handelt es sich bei dieser Religiosität nicht eher um eine Jugendszene?* Das mag sein, aber das wäre auch nicht schlecht. Jugendliche brauchen bestimmte Szenen, Sozialräume, in denen sie auf ihresgleichen treffen. Genauso fing Kirche vor 2000 Jahren ja auch an. Aber im Gegensatz zu den meisten Jugendszenen hat Religiosität Beständigkeit. Religion ist etwas für alle Generationen.

*Woher kommt dieser Wunsch nach Spiritualität?* Ich denke, das hängt u.a. mit dem hohen gesellschaftlichen Druck zusammen. Jugendliche müssen erfolgreich sein in Schule, Ausbildung, Beruf. Es wird verlangt, gut auszusehen, finanziell gut dazustehen, sich einen Urlaub leisten zu können. Glauben stellt eine Gegenbewegung dar. Im Glauben drückt sich auch die Sehnsucht nach innerer Freiheit aus, die Sehnsucht nach einem Freiraum, in dem man so sein kann, wie man ist, mit allen scheinbaren Mängeln und Fehlern.

Autorin / Autor: Tina Groll - Stand: 14. Oktober 2005