Advent, Advent, ich will mein Geld

Weihnachten auf dem Mars

Es war ein Weihnachten wie jedes andere auch. Ich saß in meinen Schwebesessel und wartete darauf, dass das Raumschiff endlich am Mars ankam, damit ich meine nervige Tochter mit ihren kleinen nervigen Kindern besuchen konnte. Ich kümmerte mich immer um sie und zum Dank zog sie tausende von Lichtjahren weg. „Das Raumschiff landet in Kürze, bitte schnallen Sie sich an“, schallte eine Frauenstimme herunter. Nach zehn Minuten war ich auch schon da. Überall liefen hektisch Menschen herum, die im letzten Moment noch Geschenke kaufen wollten. Ich seufzte tief und ging zum Beamtransporter.

Seit dem Klimawandel zogen viele Menschen auf dem Mars, weil es ihnen zu „heiß“ wurde. So ein Schwachsinn, sagte ich immer, ist es halt ein bisschen wärmer, was soll das schon ausmachen. Wenigstens konnte ich mich auf dem Nordpol sonnen lassen. Hier war ich nun. Ich stand vor einem hochmodernen Haus, das mit Solarenergie betrieben wurde und automatische Türen hatte. „Mama, Mama, Oma ist da!“, rief eine schrille Mädchenstimme. Das war meine Enkelin Resi, sie war immer schon etwas hyperaktiv. Meine Tochter, Mary kam heraus und neben ihr standen ihr Ehemann, Andromeda 6 und Alpha und Beta, meine anderen Enkel. Wenigstens hatten sie einem Kind einen gescheiten Namen gegeben.

Nach langen Umarmungen gingen wir endlich ins Haus. Drinnen war alles weihnachtlich dekoriert, das hatte alles bestimmt eine Menge Geld gekostet. Plötzlich kam mein Enkel Beta zu mir und sagte: „Wo ist das Geld, das wir immer zu Weihnachten bekommen?“ Ich schaute ihn ungläubig an. „Mami hat gesagt, wir bekommen Geld.“ Ich erwiderte: „Aber bei Weihnachten geht es nicht um Geld oder Geschenke…“ Ich wurde von Andromeda unterbrochen: „Ja, ja, bei Weihnachten geht’s um Liebe und Freundschaft, wir wissen es.
„Aber nein, bei Weihnachten geht es nicht um Liebe oder Freundschaft. Ich erzähle euch eine Geschichte wie Weihnachten entstand.“ Resi kam dazu und setzte sich mit Beta hin. Andromeda beschloss, sich letztendlich auch hinzusetzen. „Erzähl endlich. Wir haben nicht den ganzen Tag zeit“, sagte Andromeda ungeduldig.

Ich begann zu erzählen: Es war einmal ein kleiner Junge in Jerusalem. Er war immer todunglücklich, weil alle Kinder mehr hatten als er selbst. „Man kriegt nicht alles geschenkt im Leben, merk dir das Junge“, sagte sein Vater immer. „Sei nicht traurig, nächstes Jahr ist die Ernte bestimmt besser und dann können wir uns mehr leisten“, sagte seine Mutter immer. Doch die Ernte wurde nicht besser. Der Boden war trocken und unfruchtbar und der Junge wusste, dass er nichts dagegen tun konnte. Eines Tages ging er zum Markt um Lebensmittel zu kaufen. Die Sonne schien stark und der Junge hatte Durst. Er wusste, dass in der Nähe eine Oase war und wich vom Weg ab. Als er bei der Oase ankam, trank er in großen Zügen und schlief müde bei einem Felsen ein. Als er aufwachte, war es schon spät in der Nacht und er machte sich auf den Weg nach Hause. „Mutter und Vater werden bestimmt böse sein, wenn ich ohne Lebensmittel nach Haus komme“, dachte er traurig.

Plötzlich sah der Junge hoch oben in Himmel einen Stern. Er folgte dem Stern. Ein paar Stunden später stand er vor einer Menge von Zelten. Vorsichtig sah er sich um und hörte auf einmal einen Hilfeschrei. Schnell rannte er in die Richtung, wo der Schrei herkam und sah, wie ein Mann Essen stahl. Er stellte dem Dieb ein Bein und der Dieb fiel hin und wurde bewusstlos. Die Leute sahen ihn mit tiefer Dankbarkeit an. Dann wurde alles verschwommen und er wachte in seinem Bett auf. Vor seinem standen viele Geschenke, Gold und viel zu Essen und am gleichen Abend hörte er davon, dass ein Junge namens Jesus geboren wurde.

„O.K. das war eine gute Geschichte, doch was soll uns das sagen?“, fragte Beta. Ich schmunzelte und sagte: „Das es bei Weihnachten nicht um Liebe geht, sondern um Zivilcourage. Der Junge in der Geschichte zeigte Zivilcourage und wurde dafür belohnt.“ Resi starrte mich an und sagte: „Wenn ich also Courage zeige, bekomme ich Geschenke?“ Ich nickte. An diesem Abend feierten wir den 1. Advent im Jahr 2099 und ich hatte mehr Spaß, als gewöhnlich. Ich flüsterte den Kindern später zu: „Natürlich geht es bei Weihnachten auch um Geschenke und Geld, wer würde es denn sonst noch feiern?“ Sie lachten und bevor ich schlafen ging, steckte ich ihnen noch einen Zwanziger zu und sagte: „Erzählt aber eure Mutter nichts davon!“

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Autorin / Autor: Tabea - Stand: 10. November 2008