Verführung zur Magersucht

Philologenverband fordert Verbot von Pro-Ana und Pro-Mia-Seiten

Rund 80 Prozent der Foren und Websites zum Thema Magersucht sind als jugendgefährdend einzustufen. Das hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien festgestellt. Gegen die sich im Internet rasant ausbreitende Flut von Pro-Ana und Pro-Mia-Seiten muss auch von Seiten der Politik dringend etwas unternommen werden, fordert der Bundesvorsitzende vom Deutschen Philologenverband (DPhV), Heinz-Peter Meidinger.

Briefe von Ana werben für Abmagerung

Bei den so genannten "Pro-Ana"- beziehungsweise "Pro-Mia"-Seiten im Internet handelt es sich um Websites, die von selbst betroffenen, an Magersucht (Anorexie = Ana) oder Ess-Brechsucht (Bulimie = Mia) leidenden Jugendlichen, meist Mädchen, betrieben werden und in denen mittels eines fingierten Briefs von "Ana" oder "Mia" intensiv für Abmagerung geworben wird. Darin wird die Essstörung als einzige wahre Freundin dargestellt. Die auf diesen Websites eingestellten Fotos und Videos sollen als Inspiration zum Dünnsein und für ein entsprechendes Schönheitsideal dienen. Außerdem werden Tipps und Tricks zum Abnehmen und zur Verheimlichung der Magersucht gegeben. Typisch für "Pro-Ana"- und "Pro-Mia"-Seiten sind eine Verherrlichung der Essstörung als anzustrebender Lebensstil und die Verharmlosung jeglicher gesundheitlicher Risiken.

Immer mehr Betroffene

Meidinger betonte, dass Magersucht und Bulimie zu einem sehr ernst zu nehmenden Problem insbesondere von Mädchen an zahlreichen weiterführenden Schulen geworden sei. Sein Verband schätze, dass derzeit rund 600 000 Mädchen im Alter von 14 bis 17 Jahren von Magersucht bedroht sind. Rund 22 Prozent in dieser Altersgruppe leiden bereits an Symptomen dieser psychisch bedingten Erkrankungen. Nach Auskunft des Bundesfamilienministeriums sterben bis zu 20 Prozent der schwerer Erkrankten an den Folgen ihrer Essstörung im Erwachsenenalter.

Fast 1.000 Pro-Ana-Seiten im Netz

Der Verbandschef verwies darauf, dass Essstörungen durch das Internet eine neue Dimension erhielten. "Immer häufiger werden in Internetforen, Chats und auf Websites Anorexie und Bulimie bewusst verharmlost und verherrlicht. Diese so genannten "Pro-Ana"-Seiten werden meist von Jugendlichen betrieben, die selbst erkrankt sind, aber keine Heilung anstreben, sondern andere missionieren wollen. Nach Schätzungen des Philologenverbands gibt es inzwischen fast 1.000 "Pro-Ana"-Seiten im deutschsprachigen Raum, die regelmäßig von mehreren Hunderttausend Jugendlichen besucht werden. Diese Seiten sind deshalb so gefährlich, weil sie nicht nur Magersüchtige weiter in die Krankheit hineinziehen, sondern weil dadurch auch Gesunde zur Magersucht verführt werden können. „Dem dürfen wir nicht tatenlos zusehen!", sagt Meidinger.

Dabei setze der Deutsche Philologenverband nicht nur auf Verbote, sondern auch darauf, dass Provider freiwillig dazu beitragen, dass Jugendliche keinen Zugang zu diesen Seiten erhielten, die zwanghaft zum Abnehmen auffordern. Dies könnte etwa durch die Aufnahme von entsprechenden AGB-Klauseln in ihre Providerverträge geschehen.

Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung DPhV - Stand: 8. Juni 2009