Wie die Wut die Fliege macht

Studie: Aus der Sicht anderer baut sich Ärger am besten ab

Einmal tief durchatmen? Den Ärger runterschlucken? Oder ihn doch rauslassen, etwa in einem Kampf mit dem Boxsack oder dem Lieblingskissen? Ein Forscherteam der Ohio State University hat eine ganz andere Methode parat, um Wut abzulassen. Die geht so: „Stell dir vor, du bist die Fliege an der Wand“. Klingt abgedrehter, als es tatsächlich gemeint ist. Dahinter steckt der Gedanke der Selbst-Distanzierung. Das heißt, dass man sich in andere hineinversetzt und seinen Ärger so aus einer anderen Perspektive betrachtet.

Wie und ob das tatsächlich hilft, haben Dominik Mischkowski und sein Team in einem Experiment mit 94 Studierenden getestet. Den Forschern reichte es aber nicht, dass sich die Testpersonen nur in eine Situation hineinversetzen, in der sie das letzte Mal wütend waren – wie dies in früheren Studien meist getan wurde. Sie wollten diese tatsächlich in Rage bringen. Dies schafften sie, indem sie die TeilnehmerInnen zunächst täuschten und ihnen vorgaukelten, dass es bei dem Test darum gehe, wie Musik die Problemlösungsfähigkeit, Emotionen und Kreativität beeinflusst.

Dafür bekamen sie klassische Musik auf die Ohren und sollten währenddessen 14 kniffelige Buchstabenrätsel lösen. Sie hatten nur jeweils sieben Sekunden Zeit, um dem Studienleiter die Lösung über eine Sprechanlage zu übermitteln. Um sie zu provozieren, unterbrach dieser die Testpersonen zweimal und forderte sie auf, lauter zu sprechen. Schließlich fuhr er die jeweilige Person an: „Schauen Sie, das ist das dritte Mal, dass ich sie auffordern muss! Können oder wollen Sie nicht den Anweisungen folgen? Sprechen Sie lauter!“.

Direkt im Anschluss teilten die Studienleiter die Teilnehmenden in 3 Gruppen ein. Alle sollten sich nochmals in die vorherige Situation hineinversetzen. Die erste Gruppe sollte die Musik-Rätsellösungs-Szene aus der eigenen Sicht nochmals durchleben. Die zweite Gruppe wurde angewiesen, sich in eine außenstehende Person – oder etwa die Fliege an der Wand – hineinzuversetzen und die Situation aus ihrer Sicht zu betrachten. Die dritte, die Kontrollgruppe, bekam keine Anweisungen.

Danach bekamen die Testpersonen die Möglichkeit, sich an ihrem Gegenüber zu rächen. Immer, wenn sie ein Spiel gewannen, durften sie ihren Gegenspieler bestrafen, indem sie ihm Krach auf die Ohren spielten. Auch durften sie bestimmen, wie intensiv die Strafe sein sollte und wie lange der Lärm andauern sollte. Die Auswertung zeigte: Diejenigen, die ihren Ärger zuvor aus der Sicht eines anderen betrachtet hatten, verspürten von allen Gruppen am wenigsten den Drang, ihre Wut herauszulassen. Sie verschonten ihren Gegenspieler und wählten in den meisten Fällen die niedrigste Geräuschbelastung.
Die Forscher schließen, dass Selbst-Distanzierung der beste Weg sei, um Aggressionen abzubauen. Der Konfrontationskurs bewirke hingegen, dass sich die Wut nur noch weiter aufstaue. Auch den Ärger herunterzuschlucken sei wenig ratsam, da er so nicht verarbeitet werde.

Wir raten zum Selbstversuch, raten allerdings ab, der wütenden Freundin ans Herz zu legen, sich in eine Fliege hineinzuversetzen. So verfliegt ihr Ärger vermutlich nicht so schnell ;-).

Wie machst du deinem Ärger Luft?

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 2. August 2012