Wer reich ist, hat Vorfahrt?

Studie: Reichtum verführt zu unmoralischem Verhalten

Wer viel hat, kann sich auch nehmen, was er will. So oder so ähnlich scheinen einige gutbetuchte Menschen zu denken, wenn man einer aktuellen Studie von Forschern der University of California, Berkeley glauben soll. Oder andersherum: wer wenig hat, ist bescheidener, nicht nur, was die Lebensverhältnisse und das Geld anbelangt, sondern auch im Umgang mit den Mitmenschen nehmen weniger Reiche anscheinend mehr Rücksicht.

Wie moralisch oder unmoralisch sich Menschen unterschiedlicher Schichten anderen gegenüber verhalten, testeten Paul Piff und sein Team in insgesamt sieben Experimenten mit über 1000 Testpersonen. Als erstes widmeten sie sich dem Straßenverkehr und beobachteten an einer vielbefahrenen Kreuzung, an der die Vorfahrt durch ein Stoppschild geregelt ist, ob sich die AutofahrerInnen tatsächlich an die Regeln hielten. Sie hielten die Marke und den Zustand der Autos fest und ob es sich um einen Mittelklasse- oder richtig teuren Wagen handelte. Das Ergebnis: Die FahrerInnen teurer Wagen hielten sich seltener an die Verkehrsregeln und nahmen ihren Mitmenschen viermal häufiger die Vorfahrt als die BesitzerInnen von Mittelklassewagen. Auch die FußgängerInnen an Zebrastreifen ignorierten vermeintlich Reiche eher als die weniger betuchten AutofahrerInnen.

In einer weiteren Studie ließ das Forscherteam Freiwillige zunächst einen Fragebogen ausfüllen. Sie sollten angeben, auf welcher sozialen und wirtschaftlichen Stufe sie sich auf einer Skala von 1 bis 10 sehen und welche Position sie im Vergleich zum US-Durchschnitt einnehmen. Dadurch wollte das Team erreichen, dass sich die Testpersonen mit ihren Mitmenschen vergleichen, sehen, ob sie sich höher oder niedriger stellen als der Durchschnitt. In einer Pause stellten die Wissenschaftler ihnen ein Glas mit Bonbons hin, mit dem Hinweis, dass diese eigentlich für eine Kindergruppe im Nebenraum bestimmt seien, sie sich aber trotzdem welche nehmen dürften. Hier langten diejenigen, die sich selbst einer höheren Schicht zugehörig sahen, zweimal häufiger zu als die anderen VersuchsteilnehmerInnen. In weiteren Experimenten zeigten sich ähnliche Ergebnisse. So schummelten und flunkerten die reichen Probanden eher oder hielten anderen Informationen vor, wenn es um mögliche Jobbesetzungen, ging oder etwa darum, Geld in einem Spiel zu gewinnen.

Piff und sein Team begründen die Ergebnisse mit der aufkommenden Gier. Die ForscherInnen stellten fest, dass Reiche Gier eher als eine positive Eigenschaft beschreiben, während durchschnittliche Verdiener diese negativ bewerten. Außerdem: Wer mehr hat, möchte seinen Status behalten und strebt dafür eher danach, seine eigenen Interessen durchzusetzen.

Doch wie immer kann man natürlich nicht alle über einen Kamm scheren. Generell davon auszugehen, dass jemand mit viel Geld ein unverschämter, arroganter Mensch ist, ist auch nicht wirklich tolerant und liebenswürdig ;-).

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 29. Februar 2012