Warum erröten wir?

Warum wir angesichts starker Emotionen rot werden, untersuchen Forschende am Institute of Science and Technology Austria (ISTA)

Ein peinlicher Anblick, ertappt auf frischer Tat, ein unerwartetes Lob oder eine fiese Schelte - es gibt Momente im Leben, da schießt uns das Blut in den Kopf und unser Gesicht färbt sich rot. Scham, Wut, Freude, es sind meist heftige Emotionen, die diese nicht gerade erwünschte Gesichtsverfärbungen auslösen, manchmal genügt aber auch ein kleines Missgeschick, ein verschütteter Kaffee oder ein Stolperer im unpassenden Moment, um uns die Röte ins Gesicht zu treiben.

Aber wie kommt das eigentlich? Warum können wir so schlecht verbergen, dass wir am liebsten im Erdboden versinken würden? Tatsächlich gleicht Schamesröte einer Entzündungsreaktion, Scham löst nämlich eine heftige Reaktion des Immunsystems aus, wie Forschende der New Yorker Pace University gezeigt haben.

Melissa Stouffer, Neurowissenschafterin und Postdoc am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) erklärt die komplexen Vorgänge in unserem Körper so:  „Das Schamgefühl entsteht im Emotionszentrum unseres Gehirns, dem limbischen System. Von hier werden Signale über das vegetative Nervensystem in unseren Körper geleitet." Dieses steuert grundlegende Funktionen wie Atmung, Herzfrequenz und Stoffwechsel und besteht aus dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem. Dabei lässt uns der Parasympathikus erstarren, wenn wir uns schämen, während der Sympathikus gleichzeitig dafür sorgt, dass sich die Gefäße in der Gesichtshaut weiten, so dass sie sich stärker mit Blut füllen und der Puls steigt. Die Röte in unserem Gesicht ist dann für jeden sichtbar - allerdings nicht für die meisten Tiere, die mit wenigen Ausnahmen nämlich kein sattes Rot sehen können.

Melissa Stouffer forscht zur Entwicklung der menschlichen Großhirnrinde. Der zur Großhirnrinde gehörige Orbitallappen dürfte bei der Scham eine wesentliche Rolle spielen, denn Menschen, deren orbitofrontaler Cortex geschädigt ist, empfinden keine solche. Diese Hirnregion ist erst spät in der Evolution des Menschen entstanden. Forschende gehen davon aus, dass sie dazu dient, unser Verhalten zu korrigieren. Scham könnte sich also entwickelt haben, um uns als soziale Wesen zu festigen.

Wenn Scham uns auch vor Augen führen kann, dass wir uns in einer Situation falsch, gemein oder unfair verhalten haben, wird sie oft gerade von denen empfunden, die gar nichts falsch gemacht haben, sondern das Gefühl haben oder vermittelt bekommen, bestimmte gesellschaftliche Normen und Erwartungen nicht zu erfüllen. Diese Reaktion unseres Gehirns entwickelt sich hoffentlich im Laufe der Evolution möglichst bald wieder zurück ;-).

Quelle:

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 21. Juni 2022