Vorliebe für Symmetrie

Die Evolution bevorzugt "einfache" Algorithmen

Molekulare Maschinen, wie dieser Lichtsammelkomplex aus einem Bakterium, sind oft auffallend symmetrisch. Bild: Iain Johnston/ PyMOL-Source data: PDB DOI: 10.2210/pdb1NKZ/pdb ; Papiz et al. (2003) J Mol Biol 326: 1523-1538

Von Sonnenblumen bis zu Seesternen - in der Natur lassen sich überall symmetrische Formen finden. Das gilt nicht nur für die Baupläne von Körpern, sondern auch die molekularen Maschinen, die unsere Zellen am Leben erhalten, sind auffallend symmetrisch. Aber warum? Hat die Evolution vielleicht eine eingebaute Vorliebe für Symmetrie?

Ein internationales Forschungsteam ist davon überzeugt und hat nun versucht, das Phänomen mit der Kombination von Ansätzen aus Biologie, Informatik und Mathematik zu erklären. Ihrer Ansicht nach entstehen symmetrische und andere einfache Strukturen deswegen so häufig, weil die Evolution eine überwältigende Vorliebe für einfache "Algorithmen" hat - d.h. für einfache Befehlssätze oder Rezepte zur Herstellung einer bestimmten Struktur. Iain Johnston, Professor an der Universität Bergen und Autor der Studie, erklärt das am Beispiel des Ratschlags, den man jemand geben würde, der einen Boden mit Fliesen belegen will: "Man würde nicht sagen: Lege hier Rauten, hier lange Rechtecke, hier breite Rechtecke. Man würde eher sagen: Legen Sie überall quadratische Fliesen hin. Und dieses einfache Rezept führt zu einem äußerst symmetrischen Ergebnis."

*Lieber einfach als kompliziert*
Das Team untersuchte anhand von Computermodellen, wie diese Vorliebe in der Biologie zustande kommt. Sie zeigten, dass viel mehr mögliche Genome einfache Algorithmen beschreiben als komplexere. Wenn die Evolution die möglichen Genome durchsucht, werden einfache Algorithmen mit größerer Wahrscheinlichkeit entdeckt - und damit auch die symmetrischeren Strukturen, die sie hervorbringen.

Dieses Bild von der Evolution, die sich aus allen Möglichkeiten bevorzugt die einfachen herauspickt, verbinden die Forscher_innen mit Erkenntnissen aus der algorithmischen Informationstheorie.

Die zentrale theoretische Idee der Studie lässt sich durch eine Abwandlung eines berühmten Gedankenexperiments aus der Evolutionsbiologie veranschaulichen. Darin gibt es einen Raum voller Affen, die versuchen, ein Buch zu schreiben, indem sie wahllos auf einer Tastatur tippen. Früher oder später - zumindest bei unendlich viel Zeit - würde dabei ein großes Werk herauskommen, etwa Shakespeares gesammelte Werke. Aber was wäre, wenn die Affen stattdessen bloß ein einfaches Rezept schreiben sollten statt große Weltliteratur? Es ist viel wahrscheinlicher, dass jeder von ihnen zufällig die Buchstaben trifft, die für ein kurzes, einfaches Rezept erforderlich sind, als für ein langes, kompliziertes Werk. Wenn wir dann die von den Affen erstellten Rezepte befolgen - eine Metapher für die Herstellung biologischer Strukturen aus genetischen Informationen -, werden viel häufiger einfache Ergebnisse erzielt als komplizierte.

Die Wissenschaftler zeigen, dass ihre Theorie vorhersagen kann, mit welchen Wahschreinlichkeiten biologische Strukturen und Systeme, von Proteinen über RNA bis hin zu Signalnetzwerken, einfache Strukturen annehmen. In Zukunft wollen sie untersuchen, welche Vorhersagen ihre Theorie für Verzerrungen in größeren Entwicklungsprozessen macht.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung; Bild: Bild: Iain Johnston/ PyMOL-Source data: PDB DOI: 10.2210/pdb1NKZ/pdb ; Papiz et al. (2003)