Verdirbt Geld den Charakter?

US-Studie: Menschen, die mehr an Geld denken, sind weniger motiviert an der ungerechten Aufteilung in der Welt zu arbeiten.

Da gibt es die reichen Geschäftsleute und die großen Tiere an der Börse, die sich den ganzen Tag lang mit Geld beschäftigen. Die bewegen sich in ihrem Job täglich durch ein System voller Banken, Kapital, Zinsen, Raten und Krediten… und nachts träumen sie wahrscheinlich von Nachfrage und Wachstum. Wer sich sich so intensiv mit Geld auseinandersetzt, der entwickelt doch sicher eine andere Persönlichkeit, eine andere Einstellung zur Welt, als jemand, der mit Menschen oder in geisteswissenschaftlichen oder sozialen Berufen arbeitet.

Genauso ist es, beweist nun eine Studie von vier Wissenschaftlern der Universität von Chicago. Diese gingen der Frage genauer auf den Grund und entwickelten dazu mehrere Experimente, die ihre Fragen beantworten sollten. Sie teilten jeweils eine Gruppe von Studenten in zwei Gruppen auf; jede Gruppe musste dann in den verschiedenen Experimenten z.B. ein Puzzle lösen, ein Computerspiel spielen oder verschiedene Sätze aus Worten bilden. Die eine Gruppe wurde während des Spiels mit Geld konfrontiert: So wurde bei dem Puzzle mit Geldsymbolen gearbeitet oder es sollten Sätze aus Worten im Bereich Geldpolitik gebildet werden. Die andere Gruppe spielte dieselben Spiele, allerdings auf neutraler Ebene, ohne mit Bildern oder Begriffen aus der Branche konfrontiert zu werden. Nach den Spielen bekam jeder Student einen Bogen, auf dem er anhand von Skalen seine Meinung zu z.B. Hierarchien in der Welt, freier Marktwirtschaft, Ungleichheit und Kapitalismus eintragen sollte.

Die Bewertung der Studenten, die sich zuvor mit Geld beschäftigt hatten, unterschied sich völlig von der der „neutralen“ Studenten. Viel bereitwilliger akzeptierten sie die ungerechte Verteilung von Geld in der Welt und vertraten den Glauben, dass jeder selbst verantwortlich sei, sich in dem hierarchischen System „hochzuarbeiten“. Sie waren auch weniger kritisch gegenüber dem freien Marktsystem, dem damit verbundenen Kapitalismus und der Ungerechtigkeit, die daraus entsteht. Dass die Reichen die Armen dominieren galt als Selbstverständlichkeit und „das muss man halt so hinnehmen“.

Wer mehr Geld im Kopf hat, bleibt also offenbar viel verschlossener dafür, das gesamte System, in dem wir leben, infrage zu stellen und „groß“ zu denken. Geradezu erschreckend, wie die Auseinandersetzung mit Geld uns und unser Denken so gewaltig einschränken kann. Besonders wenn man daran denkt, dass die Machthaber der Welt, die uns regieren und bedeutende Entscheidungen für eine Welt voller Armut treffen, anscheinend so leicht erblinden und sich in der Welt des Geldes verlieren können.

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Autorin / Autor: Alina, - Stand: 13. Juli 2012