Unterricht in virtuellen Welten

Eine 3D-Software ermöglicht es, abstrakte Themen zu veranschaulichen, indem Unterricht in virtuelle Räume verlagert wird.

Spätestens seit dem Film Avatar im Jahr 2009 sind 3D-Technologien in unserem Alltag angekommen. 3D-Fernseher und Virtual Reality Brillen sind bereits ein fester Bestandteil der Unterhaltungsbranche. Durch 3D- und 360-Grad-Videos kann man vom Sofa aus in fremde Welten eintauchen. Während diese Technologien von vielen Menschen in ihrer Freizeit genutzt werden, sucht man in Schulen und Universitäten noch vergeblich danach. Liegt es nicht eigentlich auf der Hand, dass man gerade in der Bildung von virtuellen Welten profitieren könnte?

Martin Zimmermann vom „Labor für digitale Bildungstechnologien“ (DBT-Labor) arbeitet an dieser Möglichkeit – mit einer Lernsoftware für einen sogenannten „Cyber Classroom“. Von der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ der Bundesregierung und des „Bundesverbands der Deutschen Industrie“ wurde dem Projekt vor kurzem der Preis „Ausgezeichnete Orte 2016“ verliehen.

Bei dem Programm bewegt man sich mithilfe einer 3D-Brille und eines Laufbands durch einen virtuellen Raum und kann so zum Beispiel chemische Prozesse beobachten oder ein menschliches Innenohr und das Innere eines Moleküls entdecken.

„Mit unserer Technologie entdecken Nutzer die unsichtbare Welt hinter den Dingen, die sich oft jeder Vorstellungskraft entziehen – und im klassischen Schulbuch auf den ersten Blick wenig faszinierend erscheinen“, so Zimmermann. Viele Unterrichtsthemen könnten durch die Software spannender und besser veranschaulicht werden. Grade in den MINT-Fächern würde man laut Zimmermann profitieren. Themen könnten spannender gestaltet werden und möglicherweise das Interesse von mehr Schüler_innen wecken. Anwendungsmöglichkeiten gibt es aber auch in anderen Fächern: Wie wäre es zum Beispiel, virtuell in vergangene Zeiten oder an fremde Orte zu „reisen“? Würden virtuelle Erlebnisreisen dann Theoriestunden ersetzen?

Zimmermann ist der Meinung, dass die Technologie den klassischen Unterricht lediglich ergänzen kann. Schulbücher und Theorieunterricht sollen also weiterhin bestehen bleiben. In der Praxis liegen virtuelle Unterrichtstunden sowieso noch in der Ferne, denn Schulen in Deutschland sind im Bereich E-Learning eher schlecht ausgestattet. Während noch längst nicht alle Schulen, geschweige denn alle Klassenzimmer über Whiteboards verfügen und viele Lehrer_innen mit Overhead-Projektoren aus dem letzten Jahrhundert arbeiten müssen, sieht die Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen ganz anders aus. Virtuelle Realitäten sind für die meisten „Digital Natives“ ein fester Bestandteil des Alltags, der nicht klar vom „echten Leben“ getrennt werden kann.

Warum sollten 3D-Welten also nur für die Unterhaltung und nicht auch für’s Lernen genutzt werden? Gerade für Schüler_innen, die eher visuell lernen, könnte der Cyber Classroom eine wichtige Ergänzung sein. Im Vergleich zu Lernfilmen müssten  Schüler_innen sich mit der neuen Technologie aktiv durch einen Raum bewegen und mit ihm interagieren, was den Lernerfolg wahrscheinlich auch steigern würde.

Man kann davon ausgehen, dass virtuelle Welten ein immer größerer und wichtigerer Bestandteil unseres Alltags werden. Das bringt sicher viele Gefahren mit sich, vor allem, wenn der Umgang nicht verantwortungsvoll und ausgewogen ist. Gerade deshalb sollte man Wege finden, die neuen Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen. Um im Unterricht mit 3D-Welten arbeiten zu können, müsste allerdings mehr in die technische Ausstattung von Schulen investiert werden. Dann würde es nicht mehr lange dauern, bis alle Schüler_innen im Biounterricht virtuell durch das menschliche Innenohr wandern können.

Quelle:

Autorin / Autor: Amelie W. - Stand: 16. August 2017